Inland

R2G im Bundestag: SPD-Abgeordnete „sondieren“ mit Linken und Grünen

Im kommenden Jahr wollen sie die große Koalition ablösen: Bundestagsabgeordnete von SPD, Linken und Grünen planen Rot-Rot-Grün. Bis zur Bundestagswahl 2017 wollen sie sich einmal im Monat treffen – und prominente Gäste dazu einladen.
von Paul Starzmann · 12. Dezember 2016
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Geschenke kaufen, Plätzchen backen, Urlaub planen – kurz vor dem Jahresende befinden sich viele Menschen in Deutschland im Weihnachtstress. Da ist es nicht ganz leicht, noch einen freien Platz im Terminkalender zu finden. Das gilt wohl auch für die rund 70 Bundestagsabgeordneten von SPD, Linken und Grünen, die sich am Wochenende – zum zweiten Mal – zu einem „rot-rot-grünen Trilog“ in Berlin getroffen haben: Ausgerechnet am späten Nachmittag des dritten Advents setzten sie sich im Gustav-Stresemann-Saal des Reichstags zusammen, um über ein mögliches Mitte-Links-Bündnis nach der Bundestagswahl 2017 zu diskutieren.

Schäfer: „Wir wollen wirklich sondieren“

„Wir wollen wirklich sondieren“, sagte der stellvertretende SPD-Fraktionschef Axel Schäfer. „Wie tragfähig sind die Gemeinsamkeiten? Wo sind Differenzen? Was müssen wir noch klären?“ Bereits im Oktober hatte Schäfer ein rot-rot-grünes Treffen von rund 100 Bundestagsabgeordneten initiiert. Teilnehmer werteten das damalige Gespräch als großen Erfolg für das Projekt Rot-Rot-Grün (R2G). Für Schäfer war das Kennenlern-Treffen „eine Art Lockerungsübung“ zwischen SPD, Linken und Grünen auf Bundesebene. Nun soll es „stärker in die fachliche Diskussion“ gehen: Einmal monatlich wollen sich die R2G-Fans im neuen Jahr zusammensetzen. Dabei werde es einen „sachlich strukturierten Dialog in unterschiedlichen Politikfeldern“ geben, kündigte Schäfer an – es sollen also wohl bald auch kontroverse Themen wie etwa die Außenpolitik aufs Tapet kommen.

Auch über das Thema Rente diskutierten die Abgeordneten am Sonntag. Damit knüpften sie an vorangegangene Gespräche zwischen Sozialdemokraten, Linken und Grünen an, die im Oktober von der „Denkfabrik“ der SPD-Bundestagsfraktion organisiert worden waren. Damals herrschte vor allem in einem Punkt Einigkeit zwischen den drei Parteien: Sowohl die Vertreter der SPD als auch Linke und Grüne zeigten sich offen für die Erwerbstätigenversicherung, in die neben Angestellten auch Selbstständige sowie Beamte und Politiker einzahlen müssten.

R2G: Mit Rückenwind ins Wahljahr

Um dies Wirklichkeit werden zu lassen, wollen SPD, Linke und Grüne im kommenden Jahr die große Koalition ablösen. Derzeit fehlt ihnen zwar eine Mehrheit in den Umfragen für die Bundestagswahl 2017, aber mit Thüringen und – seit vergangener Woche – Berlin werden inzwischen schon zwei Bundesländer von R2G regiert. So spürt Axel Schäfer bereits „Rückenwind“ aus der Berliner Landespolitik. Er geht fest davon aus, dass bald auch zwei prominente Vorbilder der R2G-Fans an den Runden im Bundestag teilnehmen werden: Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) und der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke). Dann können die beiden Landesväter den Abgeordneten aus erster Hand über ihre Erfahrungen mit R2G berichten – vom gemeinsamen Regieren von SPD, Linken und Grünen.

Autor*in
Paul Starzmann

ist promovierter Sprachwissenschaftler und war bis Mai 2018 Redakteur beim vorwärts.

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