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Private Altersvorsorge: Wie es mit Riester und Co weitergeht

Die staatlich geförderte private Altersvorsorge soll verbessert werden. Bisherige Riester-Verträge bleiben aber bestehen. SPD-Politikerin Frauke Heiligenstadt erklärt, wie es mit den Vorschlägen der Fokusgruppe private Altersvorsorge weitergeht.
von Vera Rosigkeit · 26. Juli 2023
Nicht alle können etwas auf die „hohe Kante“ legen. Aber auch sie müssen im Alter ein gutes Leben führen können.

Nicht alle können etwas auf die „hohe Kante“ legen. Aber auch sie müssen im Alter ein gutes Leben führen können.

Die Fokusgruppe private Altersvorsorge hat ihre Vorschläge veröffentlicht. Wie fällt eine erste Einschätzung aus?

Die vom Bundesministerium für Finanzen berufene Fokusgruppe private Altersvorsorge war besetzt mit Vertreterinnen und Vertretern aus der Wissenschaft, den Gewerkschaften, des Bundesarbeits-, Bundesfinanz- und des Bundeswirtschaftsministeriums und der Finanz- und Versicherungswirtschaft. Diese Gruppe aus Expertinnen und Experten hat nun konkrete Vorschläge erarbeitet, die in einem Abschlussbericht veröffentlicht wurden.

Meine erste Einschätzung zu den Vorschlägen ist, dass sie durchaus zielführend sein können, um die private Altersvorsorge im Positiven – gerade für Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen – zu reformieren. Ich begrüße die Vorschläge für eine bessere Kostentransparenz und Vergleichbarkeit der Altersvorsorgeprodukte. Wir müssen uns aber auch mit der finanziellen Bildung und insbesondere der Bildung für den Bereich der Altersvorsorge beschäftigen und entsprechende Beratungsangebote machen. Deshalb halte ich eine Vergleichswebsite für dann standardisierte Produkte für sinnvoll.

Die Riester-Rente steht schon länger in der Kritik. Womit müssen Vorsorgende mit Riester rechnen?

Von Anfang an war klar und das haben wir auch so im Koalitionsvertrag festgehalten: Riester-Verträge haben Bestandschutz, d. h. niemand muss sich Sorgen machen, dass sein bisheriger Riester-Vertrag gekündigt oder aufgelöst wird. In den letzten Jahren ist aber deutlich geworden, dass Riester-Verträge in einigen Fällen für die Kundinnen und Kunden nicht attraktiv genug waren, weil es keine ausreichenden Angebote mehr gab, die die notwendigen Garantien bereitstellten. Deshalb haben wir im Koalitionsvertrag einen Prüfauftrag festgehalten, der sich mit der Möglichkeit beschäftigen sollte, wie die staatlich geförderte private Altersvorsorge für die Menschen verbessert werden kann.

Dieser Prüfauftrag wurde nun mit dem Bericht der Fokusgruppe abgeschlossen. Ein Vorschlag aus der Fokusgruppe ist die Möglichkeit, auf eine Garantieabsenkung oder bei fondsgebundenen Produkten auf einen Garantieverzicht. Die Expertinnen und Experten raten aber auch dazu, dass die durch die Garantiereduktion entstehenden Renditevorteile an die Vorsorgenden uneingeschränkt weiterzugeben seien und nicht durch die höheren Kosten aufgezehrt werden dürften. Gleichzeitig sollten für diejenigen, die einen hohen Wert auf Sicherheit legen, weiterhin Produkte mit Garantien angeboten werden können. Außerdem sollen die Vorschläge im Rahmen des rechtlich Möglichen auch für den aktuellen Riester-Bestand aufgenommen werden können, wobei bestehende Verträge nur einvernehmlich geändert werden können. Der Ball liegt nun beim Gesetzgeber, also uns, und wir werden in den nächsten Wochen und Monaten auf der Grundlage des Abschlussberichts Vorschläge erarbeiten müssen, wie es mit den einzelnen Themen weitergehen soll. Dabei werden wir einen geeigneten Zeit- und Umsetzungsplan erarbeiten.

Die private Altersvorsorge ist grundsätzlich etwas für privilegierte Einkommen. Wie lässt sich dem entgegenwirken? Hat die Kommission diesen Aspekt berücksichtigt?

Es ist richtig, dass ein Teil unserer Gesellschaft leider nicht die Möglichkeit hat, etwas auf die „hohe Kante“ zu legen. Diese Menschen müssen wir auch weiterhin über die gesetzliche und die betriebliche Altersvorsorge so absichern, dass sie auch im Alter ein gutes Leben führen können. Die Fokusgruppe hatte den Auftrag, sich ausschließlich mit der privaten Altersvorsorge zu beschäftigen. Dennoch wurde der Aspekt der Sparfähigkeit im Abschlussbericht thematisiert und auch hierfür wurden Vorschläge erarbeitet. Eine Förderung der privaten Altersvorsorge über ergänzende Zulagen sollte insbesondere für untere Einkommensgruppen, junge Menschen und Personen mit Kindern da sein. Deshalb befürworten wir den Vorschlag, den § 100 des Einkommenssteuergesetzes anzupassen und die Geringverdienerförderung im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung zu verbessern.

Die SPD steht für die Stärkung der gesetzlichen und betrieblichen Alterssicherung. Wird sich das in einem Gesetzentwurf zur privaten Altersvorsorge wiederfinden?

Die Themen der gesetzlichen Rente und der Betriebsrente wurden in einem Dialogverfahren unter der Federführung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales bearbeitet und haben für uns natürlich weiterhin hohe Priorität, waren aber nicht Gegenstand der Fragestellungen für die Fokusgruppe.

Die Vorschläge liegen nun auf dem Tisch. Wie geht es weiter?

Wir werden uns in den kommenden Wochen den Abschlussbericht ganz genau anschauen, uns intern beraten und unsere Position dazu erarbeiten. Im Herbst dieses Jahres werden die ersten Vorschläge auf den Tisch kommen.

Dieses Interview wurde schriftlich geführt.

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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