Inland

Preisbremse: So will die Regierung Scholz den Bürger*innen helfen

Am Mittwoch wollen Bundeskanzler Olaf Scholz und die Ministerpräsident*innen final klären, wie die Energiepreishilfen konkret aussehen sollen. Streit dürfte es dabei zwischen Bund und Ländern um die Finanzierung geben.
von Lars Haferkamp · 2. November 2022
Hilfen mit „Doppel-Wumms“: 200 Milliarden Euro stellt die Bundesregierung unter Führung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zur Verfügung, um Bürger*innen und Betrieben in der akuten Energiepreiskrise zu unterstützen.
Hilfen mit „Doppel-Wumms“: 200 Milliarden Euro stellt die Bundesregierung unter Führung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zur Verfügung, um Bürger*innen und Betrieben in der akuten Energiepreiskrise zu unterstützen.

In Berlin kommen am Mittwoch Bundeskanzler Olaf Scholz und die Ministerpräsident*innen der Bundesländer zusammen. Dabei wird eine Einigung angestrebt über die Frage, wie der Staat die Bürger*innen und Unternehmen angesichts massiv gestiegener Preise für Gas und Strom in den nächsten Monaten konkret unterstützt. Der Bund stellt dafür ein Sondervermögen von 200 Milliarden Euro zur Verfügung.

Der Kanzler spricht angesichts der großen Summe von einem „Doppel-Wumms“. Damit spielt er auf den von ihm 2020 verwendeten Begriff „Wumms“ an, mit dem Scholz seinerzeit die rund 130 Milliarden Euro bezeichnete, mit denen er als damaliger Bundesfinanzminister das Land durch Corona-Krise führte.

Umstritten ist aktuell noch, welchen Anteil der geplanten Hilfen für Energie der Bund bezahlt und welchen die Länder. Hauptinstrumente der Hilfen sollen eine Gaspreisbremse und eine Strompreisbremse sein.

Die Gaspreisbremse

Für die Hilfen beim Gas hatte eine Expert*innenkommission einen Zwei-Stufen-Vorschlag vorgelegt. Einigen sich Kanzler und Regierungschefs heute darauf, wird es eine erste Entlastung bereits im Dezember geben. Hier soll mit einer Einmalzahlung der Monatsabschlag für Gas übernommen werden.

Die Dezember-Hilfe zeigt, wie wichtig der Bundesregierung eine schnelle Hilfe ist. Denn die Gasrechnungen könnten sich in nächster Zeit verdoppeln oder sogar verdreifachen. Das bedeutet sowohl für Privathaushalte als auch für energieintensive Betriebe die Gefahr einer Zahlungsunfähigkeit. Insolvenzen will die Bundesregierung aber unbedingt verhindern. Das soll die erste Entlastung im Dezember sicherstellen.

Dauerhafte Entlastung in 2023

Eine zweite Entlastung soll dann ab März 2023 folgen. Dann soll eine Gaspreisbremse wirksam werden. Danach garantiert der Staat einen Gaspreis von 12 Cent pro Kilowattstunde. Der Preis soll sich auf 80 Prozent des Verbrauches beziehen. Für die übrigen 20 Prozent sollen die Marktpreise gelten. Damit soll ein Anreiz zum Gassparen – trotz massiver staatlicher Hilfe – erhalten bleiben.

Aktuell wird noch darüber diskutiert, ob die Gaspreisbremse früher als ab März 2023 in Kraft treten kann. In Berlin wird davon ausgegangen, dass sich Kanzler und Ministerpräsident*innen heute darauf einigen könnten, die Gaspreisbremse bereits zum 1. Februar 2023 gelten zu lassen. Für einen früheren Zeitpunkt sind besonders technische Schwierigkeiten im Zahlungsverkehr zu überwinden. So fehlen dem Staat oft schlicht die Kontodaten der Bürger*innen, so dass Hilfszahlungen nicht direkt überwiesen werden können. Deshalb nutzt die Regierung für den Geldtransfer die Energieversorger, die über die Kontoverbindungen ihrer Kund*innen verfügen.

Die Strompreisbremse

Das zweite große Hilfsinstrument der Bundesregierung ist die Strompreisbremse. Hier wird erwartet, dass sie bereits im Januar in Kraft treten könnte. Genau wie bei der Gaspreisbremse soll auch die Strompreisbremse für 80 Prozent des Verbrauches gelten. Die restlichen 20 Prozent sind nach Marktpreisen zu bezahlen. Für die Strompreisbremse soll ein Brutto-Preis von 40 Cent je Kilowattstunde gelten.

Das 49-Euro-Ticket

Ein weiterer wichtiger Punkt der Beratungen, der viele Bürger*innen interessieren dürfte, ist die Nachfolgeregelung für das im Sommer 2022 deutschlandweit gültige Neun-Euro-Ticket im öffentlichen Personennahverkehr. Sowohl der Bund als auch die Länder wollen, dass es ein Nachfolgeticket geben wird. Angestrebt wird ein 49-Euro-Ticket, dass ab 2023 gelten soll. Hier fordern die Bundesländer einen höheren Finanzierungsanteil des Bundes. In Regierungskreisen heißt es, der Bund sei dazu grundsätzlich bereit.

Das Wohngeld

In der Runde des Kanzlers mit den Ministerpräsident*innen geht es um das Wohngeld für Bürger*innen, die zwar keine Sozialleistungen beziehen, aber dennoch zu wenig Geld für die Miete haben. Die Bundesregierung will den Anteil der Anspruchsberechtigten zum 1. Januar 2023 verdreifachen, um dann statt 600.000 rund zwei Millionen Haushalte unterstützen zu können. Das hat eine Verdreifachung der Kosten zur Folge. Bund und Länder teilen sich bisher die Finanzierung beim Wohngeld, so dass ab Januar auch auf die Länder mehr Kosten zukämen. Die wollen sich das aber teilweise vom Bund erstatten lassen, was dieser ablehnt und an der gemeinsamen Finanzierung des Wohngeldes festhält.

Die Hilfen für Geflüchtete

Debattiert wird zwischen Kanzler und Länderregierungschefs schließlich auch die Frage, wie die Finanzierung angesichts einer wachsenden Zahl von Geflüchteten in Deutschland gestaltet werden soll. Seit dem Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine im Februar 2022 sind allein über eine Million Ukrainer*innen aus ihrem Heimatland in die Bundesrepublik geflüchtet. Aktuell steigen auch wieder deutlich die Zahlen der Geflüchteten über die Balkan-Route, viele von ihnen Syrer*innen und Afghan*innen. Die Kommunen fordern angesichts dieser großen Herausforderung die komplette Kostenübernahme für Unterbringung, Betreuung und Integration durch Bund und Länder. Laut Regierungskreisen wil der Bund Ländern und Kommunen mit rund 4,3 Milliarden Euro für 2022 und 2023 unter die Arme greifen.

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