Inland

Pralinen vom „Vlaams Belang“

Der verteidigungspolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion und dessen AfD-Kreisverband Euskirchen wollen offenbar mit Vertretern des extrem rechten, fremdenfeindlichen „Vlaams Belang“ kooperieren.
von Michael Klarmann · 16. Juli 2018

Vergangene Woche Dienstag eröffnete der AfD-Bundestagsabgeordnete Rüdiger Lucassen aus Bad Münstereifel sein Wahlkreisbüro im nordrhein-westfälischen Euskirchen. In einer entsprechenden Stellungnahme seines Kreisverbandes zeigte man sich erfreut darüber, dass eine „flämische Delegation … Grüße überbrachte.“ Lucassen ist nicht nur verteidigungspolitischer Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion sondern auch Mitglied der Parlamentariergruppe Deutschland-Benelux. Der Kreis Euskirchen liegt an der Grenze zu Belgien und daher werde „man sich in Zukunft verstärkt um grenzüberschreitende Kontakte bemühen“, teilte der Kreisverband mit. Um dann zu ergänzen, mit wem man künftig wohl kooperieren will: „In einer schriftlichen, von einer Schachtel Pralinen begleiteten Grußbotschaft äußerte Tom van Grieken, Vorsitzender der flämischen Partei Vlaams Belang, den Wunsch nach einer guten Zusammenarbeit.“

Der „Vlaams Belang“ (VB) pflegte in der Vergangenheit unter anderem eine Nähe zu „Pegida“ und „pro NRW“. Der ehemalige Bundeswehr- und Nato-Oberst Lucassen trat erst 2016 in die AfD ein, nachdem Bernd Lucke 2015 vom Hof gejagt worden war und ein deutlicher Rechtsruck der Partei stattgefunden hatte. Lucassen gibt sich als ehemaliger Unternehmer im zivilen und militärischen Sicherheitsbereich zwar in Interviews mit den Medien betont sachlich, er oder sein Kreisverband haben aber ebenso mehrfach provokativ erwähnt, dass Lucassen im „Reichstag“ wirke. Die Kommentare in den Userspalten auf der Facebook-Seite der AfD im Euskirchen sind zuweilen äußerst radikal sowie fremdenfeindlicher formuliert als bei den meisten anderen, sich noch eher moderat gebenden AfD-Verbänden im Westen von Nordrhein-Westfalen.

Schulungstext für Parteifreunde und Sympathisanten

Vorstandsbeisitzer Dieter Hassen aus Euskirchen publizierte im Januar 2018 auf der damaligen Homepage des Kreisverbandes eine Art Schulungstext für Parteifreunde und Sympathisanten, in dem er schrieb: „Ich behaupte mal, dass sogar während der NS-Zeit der normale Deutsche mit der Rassenlehre der Nazis nicht viel anfangen konnte. Die Juden waren zwar nicht gerade beliebt, aber die Verfolgung der Juden wurde von der Mehrheit nicht ideologisch mitgetragen.“ Lucassen ist stellvertretender Vorsitzender dieses rheinischen Kreisverbandes.

Vergangenen Donnerstag lud der AfD-Parteiverband ein in das Kurhaus Gemünd zum Vortrag mit Bernd Kallina, Thema „Lügenpresse, Lückenpresse? – Die AfD im Spiegel der Medien“. Über den früheren Redakteur des „Deutschlandfunks“ berichtete 2013 die „Süddeutsche Zeitung“, er bewege „sich seit Jahrzehnten in einem Milieu, das Rechtsextremismus toleriert und teilweise auch propagiert. Und er ist treues und engagiertes Mitglied einer äußerst rechten Organisation: der Münchner Burschenschaft Danubia.“ Kallina publizierte beziehungsweise publiziert ferner in verschiedenen Rechtsaußen-Blättern. (bnr.de berichtete)

JF-Gesprächsrunde mit Gerolf Annemans moderiert

Als Mitarbeiterin in seinem Wahlkreisbüro hat der verteidigungspolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Lucassen, laut Lokalpresse Irmhild Boßdorf eingestellt. Boßdorf selbst gibt in ihrer Vita an, von 1992 bis 1998 schon einmal Mitarbeiterin eines Bundestagsabgeordneten gewesen zu sein, nämlich eines CDU-Mannes und seinerzeit noch in der Bonner Republik. Bis heute sei sie auch als Dozentin im Haus der Geschichte in Bonn tätig, so Boßdorf in ihrer Vita weiter.

Die nun auch für die AfD arbeitende Historikerin schrieb unter anderem für die „Junge Freiheit“ (JF), 2013 erschien ein von ihr übersetzter Beitrag in Götz Kubitscheks „Sezession“. 2016 moderierte sie eine JF-Gesprächsrunde auf der Frankfurter Buchmesse mit Gerolf Annemans, Europaabgeordneter des „Vlaams Belang“. Für den Grazer Ares Verlag, der auch Autoren der neuen Rechten publiziert, hat sie aus dem Niederländischen das Manuskript von Thierry Baudets Buch „Oikophobie: Der Hass auf das Eigene und seine zerstörerischen Folgen“ übersetzt. Baudets ist Chef der rechtspopulistischen, EU-feindlichen, AfD-ähnlichen sowie teilweise fremdenfeindlich agierenden Partei „Forum voor Democratie“. Er gehört für diese Kleinpartei dem niederländischen Parlament an.

Dieser Text erschien zuerst auf www.bnr.de

Autor*in
Michael Klarmann

Michael Klarmann ist Autor des „Blick nach rechts“.

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