Polizeigewerkschaft: Grundrecht auf Asyl muss gewährleistet bleiben
Steigende Flüchtlingszahlen stellen auch die Polizei vor Herausforderungen. Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation?
Dietmar Schilff: Aus unserer Sicht organisiert sich Deutschland seine Probleme in der Flüchtlingspolitik selbst. Es handelt sich dabei um ein systemisches Versagen, das gesellschaftlichen Sprengstoff produziert. Die Ursachen dafür liegen in den Entscheidungen der frühen 90er Jahre.
Was meinen Sie genau?
Jörg Radek: Damals haben sich die konservativen Kräfte durchgesetzt und per Verfassungsänderung die Asylgesetzgebung in Deutschland deutlich verschärft. Personen nach ihrer Herkunft einzustufen schafft de facto Flüchtlinge 1. und 2. Klasse. Die politische Fallenstellung besteht darin, dass die SPD sich nicht von den Konservativen treiben lassen darf.
Was erwarten Sie stattdessen von der Sozialdemokratie?
Dietmar Schilff: Das Grundrecht auf Asyl muss gewährleistet bleiben, unabhängig von Herkunft und Anerkennungsquoten. Zunächst einmal muss jeder das Recht haben, in Deutschland einen Asylantrag zu stellen. Klar ist aber auch: Abgelehnte Asylbewerber müssen schnell und konsequent zurückgeführt werden.
Wird die Thematik mit der gebotenen Dringlichkeit bearbeitet?
Jörg Radek: Leider nein. Das Thema muss auf der obersten Ebene debattiert werden, es ist eine nationale Aufgabe. Aus unserer Sicht müsste sich die Bundeskanzlerin selbst der Thematik annehmen, das kann nicht nach unten delegiert werden. Wir brauchen dringend einen Runden Tisch, bei dem wirklich alle Beteiligten, vom Innenminister bis zu Hilfsverbänden und auch die Polizei, Platz nehmen und miteinander nach Lösungen suchen.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.