Inland

Pflegekosten: Wer vom Angehörigen-Entlastungsgesetz profitiert

Vom Angehörigen-Entlastungsgesetz werden schätzungsweise 275.000 Menschen profitieren. Gleichzeiitg schafft das Gesetz Verbesserungen für Menschen mit Behinderungen. Wer betroffen ist und warum Kommunen und Länder Bedenken anmelden.
von Vera Rosigkeit · 13. November 2019

Angehörige von pflegebedürftigen Eltern, die die sogenannte Hilfe zur Pflege erhalten, werden künftig erst ab einem Bruttojahreseinkommen von mehr als 100.000 Euro vom Sozialhilfeträger zur Erstattung von Kosten herangezogen. So sieht es das in der vergangenen Woche vom Bundestag verabschiedete Angehörigen-Entlastungsgesetz von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil vor. Es gilt auch für unterhaltspflichtige Eltern, deren volljährige Kinder Eingliederungshilfe beziehen. Sie müssen künftig keinen Beitrag mehr zu den Leistungen für ihre Kinder aufbringen.

Rund 275.000 Menschen profitieren

Laut Gesetzentwurf würden Familien (Eltern und Kinder) von rund 275.000 betroffenen Leistungsempfängern mit dieser neuen Regelung erreicht. Ihnen soll finanziell der Rücken gestärkt werden, damit sie sich auf die wesentlichen Dinge konzentrieren können, sagt die sozialpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion Kerstin Tack.

Zwei Beispielrechnungen des Bundesarbeitsministeriums machen die Entlastung der Angehörigen deutlich: Zahlte bisher eine alleistehende Tochter mit einem Bruttojahreseinkommen von 60.000 Euro aus Erwerbsarbeit, Steuerklasse I, für den Unterhalt ihrer 80-jährigen Mutter, die vollstationär Leistungen der Hilfe zur Pflege erhält, bis zu 585 Euro im Monat, fällt dieser Betrag künftig weg.

Auch für den verheirateten Vater eines im Haushalt lebenden unterhaltspflichtigen Kindes mit einem Bruttolohn von 60.000 Euro, Steuerklasse III, wird künftig der Betrag von 488 Euro für ein weiteres Kind, das vollstationär Leistungen zur Hilfe zur Pflege erhält, vollständig entfallen.

Kommunen fürchten Kosten

Das Gesetz soll von Januar 2020 an gelten, vorausgesetzt der Bundesrat stimmt Ende des Jahres zu. Doch Kommunen und Länder fürchten die Kosten, die auf sie zukommen. Denn eine Betreuung im Pflegeheim ist teuer. Die gesetzliche Pflegeversicherung deckt davon nur einen Teil ab, was für Pflegebedürftige bedeutet, dass sie für die verbleibenden Kosten mit ihrem Vermögen aufkommen müssen. Ist dieses aufgebraucht, springt der Staat ein und leistet „Hilfe zur Pflege“. Einen Teil des Geldes konnten sich Länder und Kommunen bislang von den Angehörigen zurückholen.

Inklusion inklusive

„Die Forderung der Kommunen muss darauf gerichtet werden, dass der Bund für einen entsprechenden Ausgleich sorgt, damit die Kosten nicht am Ende an den Kommunen hängen bleiben“, sagt Rachil Rowald, Geschäftsführerin der SGK Brandenburg, in einem Beitrag für die DEMO. Deshalb haben die Länder eine Evaluationsklausel eingefordert: Es soll nachträglich ermittelt werden, welche Mehrkosten den Kommunen bei der Hilfe zur Pflege tatsächlich entstanden sind. Die Forderung ist Bestandteil des Gesetzes.

Laut Kerstin Tack schaffe das Gesetz nicht nur Verbesserungen bei der Sozialhilfe, sondern auch mehr Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. So würden beispielsweise Beratungsstellen, in denen Menschen mit Behinderungen vor allem von Menschen mit Behinderungen über Sozialleistungen beraten werden, dauerhaft mit Stellen und mehr Geld ausgestattet. Zudem werde ein Budget für Ausbildung bereit gesetllt. Tack: „Das Angehörigen-Entlastungsgesetz bringt Inklusion voran und unterstützt Angehörige ganz gezielt.“

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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