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Pflegekosten: So werden Angehörige mit dem neuen Gesetz entlastet

Wenn das Geld für die Pflege nicht ausreicht, mussten bisher die Angehörigen für die Kosten aufkommen. Damit soll jetzt Schluss sein – zumindest bei mittleren und niedrigen Einkommen. Der Bundestag hat das Pflege-Entlastungsgesetz verabschiedet, jetzt muss noch der Bundesrat zustimmen.
von Carl-Friedrich Höck · 11. November 2019
Spürbare Entlastung: Angehörige von Menschen in Pflegeheimen sollen künftig nur dann an den Pflegekosten beteiligt werden, wenn ihr Einkommen höher als 100.000 Euro im Jahr beträgt.
Spürbare Entlastung: Angehörige von Menschen in Pflegeheimen sollen künftig nur dann an den Pflegekosten beteiligt werden, wenn ihr Einkommen höher als 100.000 Euro im Jahr beträgt.
Mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und den Grünen hat der Bundestag das Angehörigen-Entlastungsgesetz beschlossen. Es sieht vor, dass Angehörige von Pflegebedürftigen nicht mehr für die Pflegekosten aufkommen müssen, wenn diese die Kosten nicht selbst tragen können. Diese Befreiung gilt für Eltern und Kinder mit einem Jahreseinkommen bis einschließlich 100.000 Euro. Der Gesetzesentwurf von SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil wird seit September im Bundestag verhandelt.

Damit wird ein Element der Sozialhilfe neu geregelt. Wenn Menschen pflegebedürftig werden und ihr Vermögen aufgebraucht ist, springt der Staat in die Bresche und leistet „Hilfe zur Pflege“. Bisher konnten die Länder und Kommunen sich aber einen Teil des Geldes von den Angehörigen – also Kindern oder Eltern – zurückholen. Für diese bedeutete das oft eine finanzielle Belastung von mehreren hundert Euro monatlich.

Neue Einkommensgrenze

Von solchen Zuzahlungen freigestellt waren bisher nur Alleinstehende mit einem Nettojahreseinkommen bis 21.600 Euro beziehungsweise für Familien mit einem Einkommen bis 38.800 Euro netto. Nun wurde die Grenze auf jeweils 100.000 Euro brutto angehoben.

Die Begrenzung gilt auch für die Eingliederungshilfe nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch, das die Vorschriften zur Teilhabe von Menschen mit Behinderung regelt (im Gegensatz zum Zwölften Buch Sozialgesetzbuch, das sich der Sozialhilfe widmet). Somit sollen auch Eltern von Kindern mit Behinderung vom Unterhaltsrückgriff befreit werden.

Heil: „Es ist unsere verdammte Pflicht”

Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil (SPD) verwies im Bundestag darauf, dass Angehörige ohnehin emotional und organisatorisch stark belastet würden, wenn ein Pflegefall eintritt. „Es ist unsere verdammte Pflicht und Schuldigkeit, jedenfalls unkalkulierbare finanzielle Risiken beim Unterhaltsrückgriff diesen Menschen von den Schultern zu nehmen.“

Kritik kam im Vorfeld von den kommunalen Spitzenverbänden. Denn wenn die Kommunen die Angehörigen nicht mehr an den Kosten beteiligen können, bleiben sie selbst darauf sitzen. Minister Heil schätzt die Mehrausgaben auf 300 Millionen Euro jährlich und hält dies für tragbar, weil der Bund die Kommunen zuletzt gerade bei den Sozialleistungen um mehrere Milliarden Euro entlastet habe. Der Deutsche Städtetag dagegen rechnet mit höheren Kosten als von Heil kalkuliert – nämlich von bis zu einer Milliarde Euro.

Bundesrat muss zustimmen

Das Gesetz muss nun noch den Bundesrat passieren. Die Länder haben eine Evaluationsklausel eingefordert: Es soll nachträglich ermittelt werden, welche Mehrkosten den Kommunen bei der Hilfe zur Pflege tatsächlich entstanden sind. Ob diese dann auch vom Bund ausgeglichen werden, sei aber völlig unklar, heißt es beim Deutschen Städte- und Gemeindebund.

Dieser Artikel erschien zuerst in der „Demo“

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Carl-Friedrich Höck

arbeitet als Redakteur für die DEMO – die sozialdemokratische Fachzeitschrift für Kommunalpolitik.

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