Inland

Parlament wählt Juncker zum EU-Kommissionspräsidenten

von Carl-Friedrich Höck · 15. Juli 2014

Mit breiter Mehrheit hat das Europäische Parlament in Straßburg einen neuen EU-Kommissionspräsidenten gewählt. Jean-Claude Juncker tritt die Nachfolge von José Manuel Barroso an.

Für Juncker stimmten am Dienstagmittag 422 der 751 Abgeordneten im Europaparlament. 250 Parlamentarier stimmten gegen Juncker. Der 59-Jährige wird sein Amt am 1. November antreten.

Der ehemalige luxemburgische Ministerpräsident ist einer der erfahrensten Politiker auf europäischer Ebene. Von 2005 bis 2013 war er Vorsitzender der Euro-Gruppe und wachte in dieser Funktion über die Einhaltung des Stabilitätspaktes. Die umstrittene Sparpolitik der EU in der Eurokrise trug er mit. Dennoch gilt der Konservative als Vermittler zwischen den verschiedenen politischen Positionen in Europa. „Ich möchte Brücken bauen, zusammenführen, Konsensmaschine in Europa werden“, hatte er im Wahlkampf versprochen. In der vergangenen Woche besuchte er alle Fraktionen im Europaparlament, um für seine Wahl zu werben.

Juncker hat viel versprochen

Juncker hat angekündigt, gegen die Jugendarbeitslosigkeit in Europa vorgehen und soziale Fragen wieder mehr in den Mittelpunkt stellen zu wollen. Den Sozialisten im Europäischen Parlament hat er zugesagt, die Schuldenregeln in der Euro-Zone zu flexibilisieren. Seiner eigenen Parteienfamilie EVP hat er wiederum versprochen, die Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspaktes beizubehalten. Den Erwartungen aller ihn unterstützenden Fraktionen gerecht zu werden, dürfte schwer werden für Juncker.

Während seiner Bewerbungsrede im Parlament kündigte Juncker einen Zehn-Punkte-Plan an. Er wolle mehr private und öffentliche Investitionen ermöglichen, um die Wirtschaft anzukurbeln und Arbeitsplätze zu schaffen, sagte Juncker.

Widerstand aus Großbritannien

Der Europäische Rat hat Juncker bereits Ende Juni mit 27 zu zwei Stimmen für das Amt des EU-Kommissionspräsidenten nominiert – gegen den Widerstand Ungarns und vor allem Großbritanniens. Gerade deshalb wird Juncker sich wohl bemühen, die Briten in seine Politik einzubinden. Am Tag seiner Wahl wurde ihm diese Aufgabe nicht leichter gemacht. Just an diesem Dienstag hat der britische Premier David Cameron Philip Hammond zum neuen Außenminister ernannt. Er tritt damit die Nachfolge des zurückgetretenen William Hague an. Hammond ist ein scharfer Kritiker der Europäischen Union.

Für viele Sozialdemokraten ist die Wahl Junckers zumindest ein Schritt hin zu mehr Demokratie auf europäischer Ebene. Nach dem 2009 in Kraft getretenen Vertrag von Lissabon musste der Europäische Rat bei der Nominierung eines Kandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten das Ergebnis der Europawahl berücksichtigen. Juncker war als Spitzenkandidat für die konservative Parteienfamilie EVP angetreten, die nach der Wahl im vergangenen Mai die stärkste Fraktion im Europarlament stellt. Am Mittwoch wird der Europäische Rat über die weitere Zusammensetzung der neuen EU-Kommission beraten.

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Carl-Friedrich Höck

arbeitet als Redakteur für die DEMO – die sozialdemokratische Fachzeitschrift für Kommunalpolitik.

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