2012 kamen so viele Zuwanderer nach Deutschland wie seit 20 Jahren nicht mehr. Das geht aus dem Migrationsbericht 2012 hervor. Sozialleistungen beziehen nur wenige von ihnen. Deutschland profitiert von der Zuwanderung, betont Staatsministerin Özoguz.
Mit Sprüchen wie „Wer betrügt, der fliegt“ macht die CSU derzeit Stimmung gegen Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien. Der Vorwurf: Viele von ihnen würden nur nach Deutschland umsiedeln, um hier Sozialleistungen zu beziehen. Doch die Zahlen aus dem Migrationsbericht 2012, der am Mittwoch vom Bundeskabinett verabschiedet wurde, zeichnen ein anderes Bild von den Zuwanderern.
Insgesamt sind 2012 1,1 Millionen Menschen nach Deutschland eingewandert. So viele Zuwanderer gab es seit 20 Jahren nicht mehr. Zieht man die Zahl der Fortgezogenen davon ab, verbleiben immer noch 370 000 Zuwanderer.
Die größte Zuwanderergruppe sind Polen (17,1 Prozent). Erst danach folgten Rumänen (10,8 Prozent) und Bulgaren (5,4 Prozent). Und diese kommen in der Regel tatsächlich zum Arbeiten nach Deutschland. Allein 2012 wanderten 46 000 Rumänen ein, während insgesamt nur 13 000 in Deutschland lebende Rumänen Hartz-IV-Leistungen bezogen, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet.
Und selbst die Hartz-IV-Empfänger aus Rumänien und Bulgarien sind oft nicht arbeitslos. 36 Prozent von ihnen stocken lediglich ein zu niedriges Gehalt auf. Das ist mehr als der Durchschnitt: Insgesamt sind 30 Prozent der Hartz-IV-Bezieher in Deutschland Aufstocker. Das geht aus einer Sonderauswertung der Bundesagentur für Arbeit für die Linken-Abgeordnete Sabine Zimmermann hervor.
Einwanderung aus EU-Staaten nimmt zu
Der Migrationsbericht weist noch weitere interessante Zahlen auf. So kamen 2012 57,7 Prozent der Zuwanderer aus EU-Staaten nach Deutschland. Die Zahl der EU-Bürger, die nach Deutschland einwandern, steigt seit der EU-Osterweiterung 2004 kontinuierlich an. „Viele von ihnen sind qualifiziert und wollen in Deutschland einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Angesichts des Fachkräftemangels profitiert unser Land davon in hohem Maße“, kommentierte die Staatsministerin für Integration Aydan Özoguz (SPD) den Bericht. Die Zuwanderung sei für Deutschland eine große Chance.
Damit Fachkräfte aus dem Ausland Deutschland nicht wieder den Rücken kehren, forderte Özoguz eine Willkommenskultur. „Unkomplizierte Hilfe beim Ankommen, bei der Wohnungssuche, bei Kita oder Schule sollte in Deutschland selbstverständlicher Teil der Zuwanderungspolitik sein“, betonte die Sozialdemokratin.
Mehr Angriffe auf Asylbewerberheime
Doch eine Willkommenskultur finden Einwanderer nicht überall vor. Das erfahren besonders Flüchtlinge, die hier Asyl suchen: Die Zahl der Angriffe auf Asylbewerberheime ist im vergangenen Jahr von 24 auf 43 gestiegen, hat sich also nahezu verdoppelt.
Die Vorstandsvorsitzende der Amadeu-Antonio-Stiftung Anetta Kahane forderte deshalb am Mittwoch in einem Interview für Deutschlandradio Kultur, Asylbewerber mehr zu integrieren. Das Flüchtlingsheim in Berlin-Hellersdorf sei ein gutes Beispiel, wie Integration gelingen kann. Nachdem rechte Gruppen gegen das Heim protestiert hatten, nahmen dort Nachbarn mit den Asylbewerbern Kontakt auf, unterstützten sie und luden sie zu sich nach Hause ein. „Wenn das passiert, wenn Bürger sich engagieren, dann sehen die ganzen Rassisten und Nazis alt aus“, sagte Kahane.
arbeitet als Redakteur für die DEMO – die sozialdemokratische Fachzeitschrift für Kommunalpolitik.