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Osterpaket: Was steckt drin für Gesellschaft, Wirtschaft und Natur?

Der Bundestag hat den Weg frei gemacht für das Osterpaket für Erneuerbare Energien. Aber welche Gesetze sollen was bewirken – und für wen? Ein kurzer Überblick über die wichtigsten Änderungen.
von Benedikt Dittrich · 7. Juli 2022
Mit dem „Osterpaket“ soll Photovoltaik auf Dachflächen noch attraktiver werden.
Mit dem „Osterpaket“ soll Photovoltaik auf Dachflächen noch attraktiver werden.

Mit dem Osterpaket hat sich die Ampel-Koalition gleich mit mehreren Gesetzen beschäftigt, die den Ausbau der Erneuerbaren Energien deutlich beschleunigen sollen. Gelobt wird das Paket dabei auch – trotz Kritik im Detail – von Naturschützer*innen sowie Vertreter*innen der Energiebranche. Doch welche Ziele stehen hinter den Änderungen, wie soll der Ausbau von Wind-, Sonnen- und Wasserkraft beschleunigt werden? Ein Blick in die wichtigsten Gesetze mit Auswirkungen auch für private Haushalte.

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz

Es bleibt das Herzstück der Energiewende: Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das von der rot-grünen Koalition im Jahr 2000 beschlossen wurde. Neu und zentral ist der Satz, dass dem Ausbau der Erneuerbaren Energien nun eine besondere Bedeutung, ein überragendes Interesse, zugesprochen wird, dass der Ausbau sogar der öffentlichen Sicherheit dient. Zum ersten Mal wird den Erneuerbaren so ein Vorrang vor anderen Belangen eingeräumt, wie Matthias Miersch, SPD-Bundestagsfraktionsvize, am Donnerstag im Bundestag noch einmal erklärte: „Ein klares Signal an die Genehmigungsbehörden!“

Hinzu kommen neue Vergütungsregeln für Photovoltaik-Anlagen auf Dächern sowie auf Freiflächen, bürokratische Hürden soll die Neufassung des Gesetzes ebenfalls beseitigen. Timon Gremmels (SPD) fasste es während der Bundestagsdebatte so zusammen: „Bürokratie runter, Vergütung rauf, Dächer voll, Freiflächen erweitert, Bürgerbeteiligung verbessert.“ Bedeutet für die Bürger*innen in Deutschland: Es soll künftig attraktiver werden, dass Eigenheimbesitzer*innen ihre gesamte Dachfläche mit Solarzellen eindecken. Gleiches gilt für Landwirt*innen, die Freiflächen wie Blühstreifen und ähnliches auf unterschiedliche Weise für Photovoltaik nutzen können.

Im EEG sind außerdem die Ausbauziele für Erneuerbare Energien deutlich angehoben worden, es geht um mehrere Gigawatt zusätzlich installierte Leistung pro Jahr, die nun zu erfüllen sind. Das bedeutet einen notwendigen Ausbau-Turbo vor allem bei Photovoltaik und Windkraft.

Wind an Land und Wind auf See

Um den Ausbauturbo bei Windkraftanlagen einzulegen, wurden im EEG die Grundlagen mit den Ausbauzielen und -pflichten gelegt – die beiden Gesetze für Windkraft an Land und an See sollen dafür sorgen, dass diese Ziele auch erreicht werden können – „mit flankierenden Maßnahmen“ wie es in der Erläuterung zur Gesetzesnovelle heißt.

Ein Problem bisher: die fehlenden Ausbauflächen an Land. Zwei Prozent der Landesfläche sollen nun für Windkraftanlagen ausgewiesen werden – nach aktuellem Stand muss dafür bundesweit noch mehr als doppelt so viel ausgewiesen werden wie bisher. Das zweite Problem: Der Ausbau dauert auch zu lange. Mehrere Jahre vergehen oft bis die Anlagen genehmigt und gebaut werden können.

Beide Probleme soll das Gesetz für Wind an Land lösen, indem nun den Bundesländern verpflichtende Ausbauziele vorgeschrieben werden. Erfüllen sie diese nicht, fallen Sonderregelungen wie zum Beispiel besonders hohe Abstandsregeln für die Anlagen. (Wie mit dem Osterpaket das zwei Prozent-Ziel für Windkraft erreicht werden soll lesen Sie hier)

Bei den Windkraftanlagen auf See kommen noch zwei Probleme hinzu: Die Planung ist noch komplizierter und langwieriger und neue Windparks in Nord- oder Ostsee müssen auch entsprechend an das Stromnetz angebunden werden. Mit dem geänderten „Wind auf See“-Gesetz sollen diese Entwicklungen nun parallel verlaufen und zusammengedacht werden. Außerdem sollen bereits untersuchte Flächen schneller ausgeschrieben, Genehmigungsverfahren beschleunigt und notwendige Prüfungen gebündelt und digitalisiert werden.

Naturschutzgesetz

Vor allem der Ausbau der Windkraft an Land kollidierte in der Vergangenheit immer wieder mit dem Naturschutzgesetz – Streit um den Schutz bedrohter Arten, Biodiversität und wertvolle Grünflächen sorgte für Streit, Verzögerungen, teure Gerichtsprozesse. Dass beides in Einklang gebracht werden muss, erkennt die Ampel-Koalition an und nimmt entscheidende Änderungen im Naturschutzgesetz vor, um beides möglich zu machen: Naturschutz und Energiewende.

Obwohl den Erneuerbaren jetzt (siehe EEG) ein überragendes Interesse eingeräumt wird, bedeutet das nicht automatisch einen Kahlschlag beim Naturschutz. Vielmehr sollen Genehmigungsverfahren beschleunigt werden, indem Prüfungen standardisiert werden, zum Beispiel wenn es um den Schutz bedrohter Arten geht. Landschaftsschutzgebiete sollen nicht mehr automatisch als Fläche für Windkraftanlagen ausgenommen werden, im Gegenzug sollen Unternehmen, die in solchen Gebieten dann Anlagen errichten dürfen, sich finanziell am Artenschutz beteiligen. Damit soll dann auch das Bundesamt für Naturschutz neue Artenhilfsprogramme auflegen können, um beispielsweise bedrohte Brutvögel besser schützen zu können.

Außerdem sind im Gesetzestext mehrere mögliche direkte Schutzmaßnahmen festgehalten: Inzwischen können Windkraftanlagen beispielsweise automatisch gebremst werden, wenn die Gefahr besteht, dass ein Rotmilan mit den Rotorblättern kollidieren könnte.

Autor*in
Benedikt Dittrich

war von 2019 bis Oktober 2022 Redakteur des „vorwärts“.

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