Olaf Scholz zur Deutschen Einheit: „Nur gemeinsam gewinnen wir die Zukunft“
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Auch wenn angesichts der Corona-Pandemie keine rechte Feierstimmung aufkommen will, ist für Olaf Scholz der 30. Jahrestag der Deutschen Einheit „ein ganz besonderer Moment in unserer Geschichte und wir feiern ihn zurecht“. Im Bundestag erinnerte der SPD-Kanzlerkandidat am Freitag daran, „dass es die Bürgerinnen und Bürger im Osten Deutschlands waren, die die Deutsche Einheit und die Freiheit erkämpft haben“. Ohne ihren Mut wäre die Einheit nicht gelungen. Sie sei „vom Volk erkämpft worden“, in einem „demokratischen Akt“, einem der seltenen in der deutschen Geschichte.
Olaf Scholz: „Wir sind ein Land, das ist geglückt“
In den vergangenen 30 Jahren sei viel geglückt, betonte Scholz. „Ich finde, dass die Deutsche Einheit eine Erfolgsgeschichte ist.“ Das gelte, trotz aller Umbrüche, auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Wer heute aus dem Ausland nach Deutschland reise, würde keinen Unterschied mehr zwischen Ost und West feststellen. Dieses Urteil müsse man akzeptieren. „Wir sind ein Land, das ist geglückt.“
Es gebe aber auch noch Dinge, die zu tun seien. Scholz verwies hier auf Löhne und Gehälter, die beruflichen Perspektiven und die Renten, die in Ost und West noch unterschiedlich seien. „Es ist ein großer großer Fortschritt, dass wir es erreicht haben, hier etwas beizutragen mit der Grundrente, die jetzt in ganz Deutschland gilt, insbesondere im Osten Deutschlands“, so der Vizekanzler.
Deutsche sind gemeinsam durch große Krisen gegangen
Die vergangenen 30 Jahre seien auch eine lange gemeinsame Geschichte. Das zweit Mal stehe man nun bereits gemeinsam eine schwere wirtschaftliche Krise durch, sagte Scholz unter Anspielung auf die Bankenkrise von 2008 und die aktuelle Corona-Pandemie. „Diese Krisen schweißen uns auch zusammen.“ Sie machten deutlich, wie es gemeinsam gelinge, Gesundheit, Arbeitsplätze und Wohlstand zu schützen. „Das zeigt, dass wir miteinander viel schaffen können. Und auch das ist etwas, was wir im 30. Jahr der Deutschen Einheit feiern dürfen.“
Scholz verwies auf den „großen Strukturbruch“ in Ostdeutschland nach der Wende 1990. „Fast niemand“ sei von den Veränderungen unberührt geblieben. Er habe das damals als junger Anwalt miterlebt, der im Osten viele Betriebsräte und Gewerkschaften beraten habe. Die Ostdeutschen hätten trotz schwieriger Brüche weiterhin auf die Demokratie und Deutschland gesetzt. Das dürfe nicht vergessen werden.
Keine Krisenregion in Ost und West alleine lassen
„Diese Erfahrung des Strukturbruches ist eine, die wir als Deutsche insgesamt behalten müssen, als Wissen“, mahnte Scholz. Denn diese Veränderungen ließen sich nur bewältigen, „wenn man das gemeinsam tut“. Man werde noch viele Strukturbrüche erleben. Wichtig bleibe, dies auch weiterhin zusammen anzugehen. „Nur gemeinsam werden wir die Zukunft gewinnen“, so der SPD-Kanzlerkandidat.
Das gelte aktuell etwa für den Ausstieg aus der Kohleverstromung. „Den werden wir nur bestehen, im Westen und im Osten Deutschlands, wenn wir den Regionen, die davon betroffen sind und so lange beigetragen haben zum wirtschaftlichen Wohlstand unseres Landes, sagen: Wir lassen euch nicht alleine!“ Das bleibe eine wichtige Botschaft und die gelte auch für die Regionen mit Automobilindustrie.
Ohne Europa wäre die Einheit nicht gekommen
Olaf Scholz erinnerte daran, „dass die Deutsche Einheit nicht möglich gewesen wäre, ohne die Einbindung Deutschlands in die Europäische Union“. Nach zwei Weltkriegen und der NS-Diktatur hätten die europäischen Völker und Länder „es nie akzeptiert, dass wir wieder mit solcher Kraft ein Land werden, wenn sie nicht sicher gewesen wären, dass man sich auf Deutschland verlassen kann, als ein demokratisches Land“, eingebettet in das demokratische Europa.
„Die Europäische Union ist deshalb auch ein Projekt, dass für uns in Deutschland von allergrößter Bedeutung ist und für das wir eine große Verantwortung haben“, mahnte Scholz. Er zeigte sich überzeugt: „Wenn es uns gelingt, dass wir als Deutsche dafür sorgen, dass die Union in Europa gelingt, dann leisten wir den Beitrag, auf den viele gesetzt haben, als sie vor 30 Jahren gesagt haben, das soll klappen mit der Deutschen Einheit und uns unterstützt haben.“