Inland

Olaf Scholz: „Wer jüdisches Leben angreift, der greift uns alle an.“

Bei einer Kundgebung am Brandenburger Tor haben am Donnerstagabend rund 1.000 Menschen für Solidarität mit Israel und gegen Antisemitismus in Deutschland demonstriert. Vize-Kanzler Olaf Scholz rief zu einem entschiedenen Vorgehen gegen Judenhass auf.
von Kai Doering · 20. Mai 2021
Olaf Scholz bei der Solidaritätskundgebung in Berlin: „Wer jüdisches Leben in Deutschland angreift, greift die Identität der deutschen Gesellschaft an, der greift uns alle an.“
Olaf Scholz bei der Solidaritätskundgebung in Berlin: „Wer jüdisches Leben in Deutschland angreift, greift die Identität der deutschen Gesellschaft an, der greift uns alle an.“

Es ist ein schöner Frühlingsabend in Berlin. Die tief stehende Sonne taucht das Brandenburger Tor in ein goldenes Licht. Davor, auf der Straße des 17. Juni stehen rund 1.000 Menschen – viele von ihnen mit Israel-Fahnen und Schildern. „Israel muss sich verteidigen“ steht darauf oder „Free Gaza from Hamas“. Das „Solidaritätsbündnis Israel“, ein Zusammenschluss von mehr als 30 Organisationen, vom DGB bis zur Amadeu-Antonio-Stiftung, hat zu einer Kundgebung für Frieden in Israel und gegen Antisemitismus in Deutschland aufgerufen.

Vertreter*innen aller im Bundestag vertretenen demokratischen Parteien sind dabei, Vizekanzler Olaf Scholz etwa, Bundesjustizministerin Christine Lambrecht, Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller. Ebenso SPD-Chefin Saskia Esken, CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak, der FDP-Partei- und Fraktionsvorsitzende Christian Lindner, der Vorsitzende der Fraktion der Linkspartei, Dietmar Bartsch und der Grünen-Politiker Cem Özdemir.

Olaf Scholz: Wir müssen gegen Antisemitismus aufstehen

„Nur wenige Jahrzehnte ist es her, dass Deutsche Jüdinnen und Juden millionenfach ermordeten“, erinnert Olaf Scholz die Menschen vor dem Brandenburger Tor. „Heute stehen wir auch vor den Nachkommen derjenigen, die überlebt haben.“ Diesen gegenüber habe Deutschland eine immerwährende Verpflichtung, mahnt der Vizekanzler: „Wer jüdisches Leben in Deutschland angreift, greift die Identität der deutschen Gesellschaft an, der greift uns alle an.“

Und doch sei Antisemitismus in Deutschland auch 76 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg allgegenwärtig. „Antisemitismus ist präsent auf deutschen Schulhöfen, in den sozialen Medien, in Stereotypen und Vorurteilen bis weit in die Mitte unserer Gesellschaft hinein“, sagt Scholz und fordert unter dem Applaus der Versammelten: „Wir müssen dagegen aufstehen. Täglich, im Kleinen wie im Großen!“

Christine Lambrecht: „Wir sind solidarisch mit Israel.“

In dieselbe Kerbe schlägt auch Bundesjustizministerin Christine Lambrecht. „Judenhass darf nirgendwo einen Platz haben“, sagt die SPD-Politikerin. Schon wer die Raketenangriffe der Hamas auf Israel relativiere, „legt die Axt an die jüdisch-deutsche Versöhnung“. Lambrecht macht unmissverständlich klar: „Der Terror gegen Israel ist ein Verbrechen. Wir sind solidarisch mit Israel.“

Zuvor hatte bereits der Vorsitzende des Vereins „WerteInitiative“, Elio Adler, erklärt: „Wir stehen solidarisch und uneingeschränkt an der Seite Israels und seiner Menschen – und der unschuldigen, zivilen Opfer in Gaza.“ Der Verein hatte die Veranstaltung organisiert. Es gehe an diesem Abend aber auch darum, „Gesicht zu zeigen gegen die antisemitischen Vorfälle, die Deutschland in den vergangenen Tagen erschüttert haben“.

Diese seien keine Ausnahme, sondern die Regel im Alltag jüdischer Menschen in Deutschland. „Jüdinnen und Juden fühlen sich oft allein gelassen“, so Adler. Die versammelten Pollitiker*innen forderte er auf: „Entwickeln Sie konkrete Projekte gegen Antisemitismus. Verbieten Sie antisemitische Organisationen und trocknen Sie ihre Strukturen aus. Behandeln Sie Online-Hass genauso wie Offline-Straftaten.“

Reiner Hoffmann: „Antisemiten müssen geächtet werden.“

„Antisemiten müssen geächtet werden“, fordert dann auch der letzte Redner, der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Reiner Hoffmann. Wer Jüd*innen angreife, begehe „einen Angriff auf unserer Demokratie“. Und mit dem Blick auf Israel gerichtet sagt Hoffmann: „Es muss alles dafür getan werden, dass die Angriffe der Hamas schnell beendet werden.“ Dass sich Israel und die Hamas eine Stunde später auf eine Waffenruhe verständigen, kann zu diesem Zeitpunkt noch niemand ahnen.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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