Olaf Scholz: „Absolut einmalig“
Wer Olaf Scholz im ehrwürdigen Hamburger Rathaus besucht, könnte meinen, er betritt einen königlichen Palast. Der Besucher geht durch hohe Hallen mit mächtigen Säulen und Gewölben. Edle dunkle Hölzer und kunstvoll gearbeitete Natursteine wohin sein Auge blickt. Überall schimmert es, golden oder purpurrot. Schließlich erreicht er das Bürgermeisteramtszimmer. Ein riesiger Marmorkamin thront in der Mitte. Die schweren Stühle ziert das Hamburger Wappen. Kostbare bunte Fenster zeigen die Porträts früherer Bürgermeister.
Olaf Scholz betritt den Raum. Er regiert in diesen imposanten, majestätischen Räumen, mit absoluter Mehrheit. „König Olaf“ hat ihn die Frankfurter Allgemeine Zeitung vor kurzem genannt, so unumstritten und souverän bestimmt er die Geschicke der Hansestadt. „Das mit dem König gefällt mir gar nicht“, sagt Scholz leise lächelnd. „Hamburg ist eine alte Stadtrepublik, da gibt es keine Monarchen.“
Und in der Tat: Das Auftreten des Ersten Bürgermeisters hat nichts Auftrumpfendes oder Majestätisches, vielmehr wirkt er ruhig und sachlich, fast bescheiden, typisch hanseatisch eben. Nach vier Jahren stellt sich Olaf Scholz am 15. Februar zur Wiederwahl. Während in Hamburg der Wahlkampf auf Hochtouren läuft, wirkt er erstaunlich gelassen und entspannt.
72 Prozent Zustimmung für Scholz
Ein Grund dafür könnten die anhaltend guten Umfragewerte sein. 72 Prozent der Hamburger sind mit der Arbeit ihres Ersten Bürgermeisters zufrieden oder sehr zufrieden. 66 Prozent würden bei einer Direktwahl des Senatschefs für Scholz votieren, nur 16 Prozent für seinen CDU-Herausforderer. 43 Prozent würde die SPD nach der letzten Umfrage im Auftrag des NDR erreichen, die CDU nur 22 Prozent. Das wäre ein stolzes Ergebnis für die Landes-SPD – und dennoch der Verlust der absoluten Mehrheit.
„Wir werben für ein sehr starkes Mandat“, sagt Scholz. „Eine absolute Mehrheit ist eine absolute Ausnahme“, schreibt „Die Zeit“. Auch für SPD-Altbürgermeister Ortwin Runde ist „eine erneute absolute Mehrheit in einer Großstadt wie Hamburg hoch unwahrscheinlich. Aber verdient hätte sie Olaf Scholz.“
„Falls es nicht für eine Alleinregierung reicht“, stellt Scholz klar, „fragen wir zuerst die Grünen“. So hatte es die SPD auch vor der letzten Wahl angekündigt. An die lange sozial-liberale Koalition Hamburgs will der Bürgermeister nicht anknüpfen: „Ich bin sehr sicher, dass die FDP nicht in der nächsten Bürgerschaft vertreten sein wird. Alle Umfragen deuten darauf hin. Im Übrigen“, fügt Scholz hinzu, „sind wir Sozialdemokraten selber die Erben der sozial-liberalen Tradition“.
Abends wird Olaf Scholz in Hamburg-Harburg erwartet. Rund 200 Interessierte sind ins Kulturzentrum gekommen zum Bürgergespräch. In einer halbstündigen freien Rede wirbt der Bürgermeister für seine Politik. Er betont, dass die SPD „ihre Wahlversprechen komplett umgesetzt“ habe, was „so sicherlich absolut einmalig in Deutschland“ sei. Man habe 6000 neue Wohnungen pro Jahr geschaffen, davon ein Drittel Sozialwohnungen, Kita- und Studiengebühren seien abgeschafft, es gebe mehr Arbeitsplätze und weniger Schulden in der Hansestadt. So habe man im letzten Jahr 100 Millionen Euro Überschuss in der Landeskasse erzielt. Lächelnd zitiert Scholz den Kommentar des Hamburger Abendblattes dazu: „das Glück der Tüchtigen“.
Scholz kennt seine Stadt genau
„Hamburg soll auch künftig gut regiert werden“, betont er. Dazu gehöre, dass die Wirtschaft weiter wachse, der Bau von bezahlbaren Wohnungen fortgesetzt werde und sich die Stadt weiter sehr aktiv um junge Menschen kümmere.
Scholz wird – zum Unmut des Publikums – immer wieder von einer kleinen Gruppe Demonstranten unterbrochen. „Bleiberecht überall! Kein Mensch ist illegal!“, rufen sie laut in den Saal. Der Bürgermeister bleibt ruhig. Er erklärt seine Politik: 11 000 Flüchtlinge habe die Stadt in vielfach neu errichteten Unterkünften untergebracht, 300 Millionen Euro wurden bisher für Flüchtlinge eingesetzt. „Die Solidarität der Hamburger ist sehr groß“, lobt Scholz. Und stellt zugleich klar: Die Aufnahme von Flüchtlingen könne „nur im Rahmen der Gesetze“ erfolgen.
Über eine Stunde Zeit nimmt sich Scholz für die Fragen des Publikums. Da geht es um den Ausbau von Bussen und Bahnen, neue Bauvorhaben in Harburg, den Schutz vor Lärm und Emissionen, Probleme der Integration und der inneren Sicherheit. Scholz bewegt sich frei auf dem Podium, er geht auf die Fragenden zu, sucht Augenkontakt, spricht ruhig und konzentriert. Egal zu welchem Thema, er antwortet präzise und konkret. Der Erste Bürgermeister kennt seine Stadt genau, im Großen wie im Kleinen.
Zurück ins Rathaus: Hier wird nicht nur Kommunal- oder Landespolitik gemacht. Als Regierungschef Hamburgs, vor allem aber auch als stellvertretender SPD-Vorsitzender, spielt Olaf Scholz auch in der Bundespolitik eine wichtige Rolle. Für den früheren SPD-Generalsekretär und Bundesminister „ist es auch heute wichtig, wie es weitergeht mit unserem Land und der SPD, darum kümmere ich mich unverändert.“
Die SPD glaubt an die Zukunft
Scholz ist der einzige Sozialdemokrat, der ein Bundesland mit absoluter Mehrheit regiert. Viele in der Partei fragen nach seinem Erfolgsrezept. „Mit Erfolgsgeheimnissen und Tipps haben wir Hanseaten es nicht so sehr. Wir glauben, dass jeder auf seine Herausforderungen eigene Antworten finden muss“, erklärt Olaf Scholz. Die Hamburger SPD bemühe sich sehr darum, „ihre Arbeit gut zu machen, mit einer großen Ruhe und großer Geschlossenheit“.
Dennoch lässt es Olaf Scholz nicht kalt, dass die SPD in Ländern und Kommunen erfolgreich ist, auf Bundesebene aber bei 25 Prozent verharrt. „Wir müssen weiter das Ziel verfolgen, bei Bundestagswahlen oberhalb von 30 Prozent zu landen. Wir dürfen auch niemals die Perspektive verlieren, stärkste Partei in diesem Land zu werden. Daran müssen wir beharrlich miteinander arbeiten.“
Doch wie kann das gelingen? Am Ende hat Olaf Scholz doch noch so etwas wie einen Tipp: „Uns sollte immer klar sein: Wir sind eine Partei, die sich zutraut, die Zukunft zu gestalten und die das auch für machbar hält. Wir sind eine Partei, die nicht ängstlich wird – gerade in einer Zeit, in der es so viele mit der Angst zu tun bekommen. Wir Sozialdemokraten haben den Glauben an eine gute Zukunft in unseren Genen.“