Offener Brief: SPD fordert Rückzug Schröders bei Gazprom und Co
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Der Überfall Russlands auf die Ukraine hat zunehmend auch Auswirkungen auf das Verhältnis der SPD zu ihrem ehemaligen Vorsitzenden und Altkanzler Gerhard Schröder. In einem offenen Brief forderte die SPD Thüringen Schröder dazu auf, sich „klar vom Aggressor Putin zu distanzieren, unverzüglich alle Ämter in russischen Staatskonzernen niederzulegen und die notwendigen Konsequenzen zu ziehen“. Unterzeichnet haben u.a. der Landesvorsitzende Georg Maier, seine Stellvertreter*innen, die Bundestagsabgeordneten Elisabeth Kaiser und Holger Becker sowie diverse Kreisvorsitzende. Auch der frühere Landesvorsitzende und ehemalige Bundesverkehrsminister unter Schröder, Wolfgang Tiefensee, hat unterschrieben.
„In unseren Augen ist es absolut unvereinbar mit der aktuellen Lage und mit einer Mitgliedschaft in der SPD, auch nur einen Tag länger Aufsichtsratsämter in Staatskonzernen unter der Kontrolle der jetzt Krieg führenden russischen Regierung zu bekleiden“, heißt es in dem Schreiben, das auf der Internetseite der SPD Thüringen veröffentlicht und an Schröders Anschrift im Bundestag verschickt wurde.
SPD-Spitze fordert Schröder zum Rückzug auf
Bereits am Samstag hatten verschiedene SPD-Spitzenpolitker*innen den früheren Bundeskanzler Gerhard Schröder zum Rückzug aus der Führung russischer Staatsunternehmen auf. „Als Bundeskanzler a.D. handelt man nie komplett privat. Schon gar nicht in einer Situation wie der jetzigen. Es ist deswegen überfällig, die geschäftlichen Beziehungen zu Putin zu beenden. Das erwarte ich unmissverständlich“, schrieb der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil auf Samstag auf seiner Facebook-Seite.
Die Co-Vorsitzende Saskia Esken unterstrich die Forderung auf Twitter: „Rosneft und Gazprom sind nun Infrastruktur eines blutigen Angriffskrieges. Mit seinen dortigen Mandaten schadet Gerhard Schröder dem Ansehen Deutschlands und der Sozialdemokratie. Geschäfte mit einem Kriegstreiber sind der Rolle eines Altkanzlers unvereinbar.“ Auch die stellvertretende Vorsitzende der Bundes- und Vorsitzende der Saar-SPD Anke Rehlinger fand klare Worte. Auf Twitter schrieb sie:
Niedersachsen Ministerpräsident und SPD-Chef Stephan Weil forderte Schröder ebenfalls auf, „sein Engagement in russischen Energieunternehmen (zu) beenden und damit die Anstrengungen der Bundesregierung und des gesamten Westens (zu) unterstützen“, den Krieg gegen die Ukraine zu beenden. Es sei wichtig, „überall unzweideutig zu vermitteln, dass das russische Vorgehen komplett inakzeptabel ist“, schrieb Weil auf seiner Facebook-Seite.
Parteiordnungsverfahren gegen Schröder beantragt
Der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder ist seit 2017 Aufsichtsratsvorsitzender des Öl-Konzerns „Rosneft“, an dem der russische Staat die Aktienmehrheit hält. Zudem ist er Aufsichtsratsvorsitzender der „Nordstream 2 AG“. Im Februar wurde bekannt, dass Schröder für einen Posten im Aufsichtsrat des russischen Gasunternehmens „Gazprom“ nominiert ist.
Unterdessen gibt es auch erste Anträge auf ein Parteiordnungsverfahren gegen den Ex-Kanzler. Die SPD Heidelberg sowie der Freundeskreis Zürich veröffentlichten entsprechende Mitteilungen am Dienstag auf Twitter. Zudem ist bekann geworden, dass die Mitarbeiter*innen in Schröders Büro in Berlin wegen der fehlenden Distanzierung von Wladimir Putin gekündigt haben.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.