Die Wiesbadener SPD wird keinen Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl am 11. März 2007 stellen. Denn obwohl die Partei am 5. Januar ihren Kandidatenvorschlag einreichte, kann dieser nicht
mehr berücksichtigt werden, da die Frist zur Nominierung bereits abgelaufen war - am Tag vorher. Schuld an diesem Fauxpas sind nach offizieller Lesart der wegen Geldmangels seit drei Jahren nicht
besetze Posten des Parteigeschäftsstellenleiters, die erst seit einem Jahr beschäftigte und deswegen in Sachen Wahlverfahren unerfahrene Sekretärin und die Überarbeitung des Wahlkampfleiters und
hauptamtlichen Landtagsabgeordneten Marco Pighetti. Nichtsdestotrotz wurden erste Konsequenzen aus dem Desaster schon gezogen: So trat der gesamte Vorstand der Wiesbadener SPD inklusive des
Vorsitzenden Pighetti zurück.
Der Unmut der Genossen rechts des Rheins richtet sich aber weniger gegen die eigene Führungsriege als vielmehr gegen den CDU-Ordnungsdezernenten Peter Grella, der als Wahlleiter fungiert.
Dass er die SPD-Spitze nicht über ihren Fehler informierte, sieht er als Wahrung seiner Neutralitätspflicht an, während ihm Pighetti vorwirft, damit nur der CDU auf die Sprünge geholfen zu haben.
Leidtragender der Partei-Schläfrigkeit ist Ernst-Ewald Roth. Der parteilose ehemalige katholische Stadtdekan wollte für die SPD ins Rennen um das Amt des OB gehen und hatte im April 2006 seine
Kandidatur bekanntgegeben, woraufhin ihn der Limburger Bischof Franz Kamphaus von seinen Pflichten als Priester entbunden hatte.
Roth, der wegen seines Bekanntheitsgrads und seiner unkonventionellen Art ein ernstzunehmender Konkurrent für den CDU-Stadtkämmerer Helmut Müller um das höchste Amt der Stadt gewesen wäre,
müsste nun, da ihm der weltliche Weg nach oben nicht mehr möglich ist, seinen ehemaligen Chef um eine Rücknahme der Entlassung bitten und dafür auf weiteres politisches Engagement verzichten. Da
sich aber auch die SPD Sorgen um die Zukunft ihres Ex-Kandidaten macht, gibt es inzwischen erste Signale, ihm ihm auf jeden Fall ein Betätigungsfeld anzubieten. Entweder als Landtagsabgeordneter,
da Pighetti nach diesem Debakel wahrscheinlich nicht mehr für die Landtagswahl 2008 nominiert wird. Oder aber doch noch mal als OB-Kandidat: Denn wenn alle anderen ordnungsgemäß gemeldeten
Kandidaten ihre Kandidatur zurückziehen würden, könnte ein neuer Bewerbungstermin gesetzt werden, zu dem die SPD ihren Kandidaten diesmal fristgerecht anmelden könnte, so das Ansinnen der
Wiesbadener Genossen. Der Kandidat der Linken Liste, Peter Silbereisen, befürwortet dieses Verfahren und hat angekündigt, seine Bewerbung zurückzuziehen, wenn alle anderen das auch tun. Womit er
vielleicht nicht allein, aber ohne CDU dasteht. Müller ist nämlich der Ansicht, dass es momentan keine Veranlassung gäbe, seine Bewerbung zurückzuziehen. Da er es andererseits aber auch nicht
begrüßen würde, als Gewinner ohne Legitimation dazustehen, will er ich bis auf weiteres nicht zu dem Thema aüßern - jedenfalls so lange nicht, bis der Wahlausschuss am kommenden Freitag getagt hat.
Quellen:Tagesspiegel, 6. Januar 2007; SZ, FR, 8. Januar 2007; SZ, FR, 9. Januar 2007
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