Jahrelang benutzte Beate Zschäpe den Namen Mandy S. In dieser Woche war die echte Mandy S. als Zeugin im NSU-Prozess geladen und sagte überraschend aus. Sie gab zu dem NSU-Trio nach ihrer Flucht 1998 geholfen zu haben, später habe sie keinen Kontakt mehr gehabt. Es blieben jedoch viele Fragen offen.
Die Vorwürfe gegen Mandy S. sind schwer. Gegen sie wird wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung ermittelt. Andere Unterstützer aus der rechten Szene nahmen in dieser Situation vor Gericht lieber das Recht auf Aussageverweigerung in Anspruch. Überraschend entschied sich S. anders. „Ich möchte gerne aussagen“, sagte die gelernte Friseurin am Mittwoch vor dem Oberlandesgericht München. Vorweg betonte Mandy S., dass alles sehr lange her sei und sie sich nur auf „Erinnerungsbilder“ stützen könne, obwohl sie sich sehr bemüht habe, die Vorgänge von damals zu rekonstruieren.
Braune Hilfe für die Kameraden
Im Frühjahr 1998 habe Armin F., ein Kumpel aus der rechten Szene in Chemnitz, vor ihrer Wohnungstür gestanden und gefragt, ob drei Leute bei ihr schlafen könnten. Die hätten „Scheiße gebaut“, mehr müsse sie nicht wissen. In ihrer Wohnung habe sie die Leute nicht haben wollen. Deshalb habe sie sie in der Wohnung ihres Freundes Max-Florian B. untergebracht, der zu dieser Zeit bei ihr gewohnt habe. Sie habe aus Kameradschaft geholfen, ohne weiter zu fragen.
Laut BKA war die Wohnung in der Limbacher Straße in Chemnitz der dritte Unterschlupf des NSU-Trios, etwa zwei Monate wohnten die drei dort, bis sie in eine andere Wohnung umziehen konnten.
Der eine war „böse“
Mandy S. berichtete weiter, dass sie die drei Leute - zwei Männer, eine Frau - das erste Mal ein paar Tage nach der Anfrage von Armin F. in der Wohnung von Max-Florian B. gesehen habe. Die drei seien nett und freundlich gewesen. Den einen Mann habe sie sofort sympathisch gefunden, den anderen als „böse“, der habe immer nur geschaut. „Das Mädchen“ sei sehr locker und nett gewesen, freundlich und aufgeschlossen und sei auf einen zugegangen. Die drei könne sie jedoch nicht als Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos identifizieren. Später beschrieb Mandy S. das Aussehen der drei Übernachtungsgäste, das ziemlich gut auf das NSU-Trio passte.
Insgesamt habe sie die drei Leute nur ein paar Mal gesehen, erzählte Mandy S. Sie erinnere sich noch an einen Besuch in der Wohnung, da hätten die drei Würfel für ein Spiel gebastelt. Ob es das rechtsradikale Spiel „Pogromly“ gewesen sei, wisse sie nicht mehr, da sie sich nicht für Spiele interessiere. Bei einem anderen Besuch, habe „die Frau“ starke Unterleibsschmerzen gehabt, da habe sie ihr eine Krankenversicherungskarte geliehen. Dann habe sie einen Personalausweis für einen der beiden Männer bei der Stadt Chemnitz abgeholt. Zwei weitere Begegnungen habe es gegeben, als sich Max-Florian B. von ihr getrennt habe. Da habe sie jeweils mit der Frau gesprochen, die sie an der Wohnungstür empfangen habe. Mehr könne sie nicht berichten. „Ich weiß von keinen Morden und Gespräche über Banküberfälle gab es auch nicht“, sagte S.
Beate Zschäpe war Mandy S.
Dass Beate Zschäpe jahrelang ihre Identität benutzt hat, davon will Mandy S. erst durch die Polizei erfahren haben. Sie sei völlig schockiert gewesen, als sie die Dokumente mit ihrem Namen vorgelegt bekommen habe. Im Brandschutt der Zwickauer Frühlingsstraße fanden die Ermittler zwei Tennisclub-Ausweise mit Bildern von Zschäpe, die beide auf den Namen Mandy S. ausgestellt waren. Der eine, von einem Nürnberger Verein, enthielt auch die korrekte Adresse von S., die von 2004 bis 2007 in Erla wohnte. In zwei Impfausweisen für Zschäpes Katzen Lilly und Heidi war Mandy S. als Halterin eingetragen. Die Experten der Polizei fanden außerdem zwei Zettel mit der damals aktuellen Handynummer von S., die sie seit 1999 gehabt habe – also nach ihrem angeblich letzten Kontakt mit der Gruppe. Der eine Zettel war auch noch in der Handschrift von S. geschrieben.
Besorgte André E. die Daten?
Sie wisse nicht, wie das sein könne, sagte S. Die Ausweise seien ohne ihr Wissen auf ihren Namen ausgestellt worden. Ihre Adresse und ihre Handynummer müssten von Bekannten an das NSU-Trio weitergegeben worden sein. Zu ihren Bekannten zähle auch André E., den sie aus der Schule kenne. E. ist einer der Mitangeklagten im Prozess und war mit seiner Frau bis zuletzt einer der engsten Freunde von Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos.
Der Kontakt zu André E. sei 1998 noch eng gewesen, dann jedoch im Lauf der Jahre eingeschlafen, sagte S.. Man habe sich vielleicht mal auf einem Konzert getroffen und dann ein wenig geredet. Sie habe aber nichts von E.s Hochzeit gewusst und auch nicht von seinen Kindern.
Aber da Mandy S. über ihre verschiedenen Partner tief in die rechte, gewaltbereite Szene von Chemnitz und Nürnberg verstrickt war, könnte es noch weitere Möglichkeiten geben, woher das NSU-Trio ihre Daten hatte. Trotz einiger Namensnennungen blieb diese Frage jedoch offen.