Inland

Nicht so umkämpft: Bundesverfassungsgericht und US-Supreme Court im Vergleich

Auch in Deutschland gibt es gelegentlich Diskussionen um die Wahl von Richter*innen des Bundesverfassungsgerichts. Doch sie beschäftigen selten die große politische Öffentlichkeit, so wie in den USA nach dem Tod der US-Richterin Ruth Bader Ginsburg.
von Christian Rath · 22. September 2020
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Dabei ist die Bedeutung der Gerichte ähnlich groß. Das Bundesverfassungsgericht hat in vielen politisch umstrittenen Fragen das letzte Wort, denn es misst Gesetze an der Verfassung die bei uns Grundgesetz heißt. Auch der US-Supreme Court ist – neben seiner Rolle als oberstes Fachgericht – eine Art Verfassungsgericht. Auch er kann den Gesetzgeber kontrollieren.

So wird das Bundesverfassungsgericht gewählt

Allerdings ist das Bundesverfassungsgericht immer ausgewogen besetzt. Die Richter werden im Bundestag oder im Bundesrat mit Zwei-Drittel-Mehrheit gewählt. Das heißt die großen Blöcke (CDU/CSU, SPD und zunehmend auch die Grünen) müssen sich einigen. Dies führt dazu, dass eher gemäßigte Juristen gewählt werden, die auch für das jeweils andere Lager akzeptabel sind.

In den USA nominiert dagegen der Präsident die Richter, die vom Senat (entspricht dem deutschen Bundesrat) bestätigt werden müssen. Wenn der Präsident der gleichen Partei angehört wie die Mehrheit im Senat, kann er nacheinander mehrere Richter mit den gleichen Grundüberzeugungen ernennen und so die Ausrichtung des Gerichtshofs deutlich verschieben.

Supreme Court: neun Richter auf Lebenszeit

Da es am Supreme Court nur neun Richter gibt und diese auf Lebenszeit gewählt werden, sind Richterwahlen auch ein relativ seltenes Ereignis mit sehr langfristiger Wirkung. Ruth Bader Ginsburg war zum Beispiel 27 Jahre im Amt. In den zwei Senaten des Bundesverfassungsgerichts arbeiten dagegen jeweils acht Richter, insgesamt also 16. Ihre Amtszeit endet mit dem 68. Geburtstag oder nach spätestens 12 Jahren. Auch das ist lang, aber nicht so epochal.

Dem Wahlverfahren entspricht auch ein kooperativerer Arbeitsstil am Bundesverfassungsgericht. Dort gelingt es meist, Urteile einstimmig oder mit großer Mehrheit zu fällen, während am Supreme Court häufiger entsprechend der Parteipräferenzen abgestimmt wird. Deshalb ist auch das Ansehen des Supreme Courts lang nicht so hoch wie das der Karlsruher Richter.

Hintergrund: Ruth Bader Ginsburg

In der vergangenen Woche war die amtierende Richterin am US-Supreme Court, Ruth Bader Ginsburg, kurz vor der Präsidentschaftswahl in den USA gestorben. Sie galt als Ikone des liberalen und feministischen Amerikas und war als Gegnerin von US-Präsident Trump bekannt, den sie einmal sogar einen "Schwindler" nannte. Nun hat Trump die Möglichkeit, ihren Nachfolger zu bestimmen, da derzeit die Republikaner auch die Mehrheit im Senat haben.

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