Inland

Neuwahl am 15. Oktober: Wie es jetzt in Niedersachsen weitergeht

Nach dem Verlust der rot-grünen Mehrheit wird in Niedersachsen am 15. Oktober ein neuer Landtag gewählt. Darauf haben sich die Vorsitzenden der im Parlament vertretenen Fraktionen geeinigt. Unterdessen fordert die SPD von der CDU, die Hintergründe des Parteiwechsels von Elke Twesten offenzulegen.
von Kai Doering · 7. August 2017
placeholder

Mit Winterwahlkämpfen kennen sich die Mitglieder der Parteien in Niedersachsen aus. Die vergangenen fünf Landtagswahlen fanden bei niedrigen Temperaturen statt. Die immerhin werden den Wahlkämpfern diesmal erspart bleiben. Am 15. Oktober sollen die Wahlberechtigten in Niedersachsen einen neuen Landtag bestimmen. Das kündigte Ministerpräsident Stephan Weil am Montag nach einem Treffen mit den Vorsitzenden der im Parlament vertretenen Fraktionen sowie dem Landtagspräsidenten an.

Weil: Wähler sollen entscheiden, wer das Sagen hat

„Wir erleben eine Situation, in der die Entscheidung der Wählerinnen und Wähler bezogen auf die Mehrheit umgedreht wurde durch den Übertritt einer Abgeordneten von einer Fraktion in eine andere. Das ist ein echtes Problem“, fasste Weil die Situation zusammen. Es sei der einzig mögliche Weg, dass die Wähler „entscheiden, wer im Landtag und damit im Land das Sagen hat“.

Am kommenden Donnerstag wird der Landtag zu einer Sondersitzung zusammenkommen, um den Antrag auf Auflösung des Parlaments zu beraten. Bei einer weiteren Sitzung am 21. August soll dann die Auflösung stattfinden. Dafür ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig. Da sich alle Fraktionen für eine Neuwahl ausgesprochen haben, gilt der Beschluss als sicher. Der 15. Oktober ist nach Aussage Weils der„frühestmögliche Zeitpunkt, um rechtssichere Wahlen“ durchzuführen. Gegen einen gemeinsamen Termin mit der Bundestagswahl am 24. September habe es verfassungsrechtliche und organisatorische Bedenken gegeben.

Schulz: „Verrat an den Wählerinnen und Wählern“

Bereits am Freitag, wenige Stunden nach dem angekündigten Wechsel der Grünen-Abgeordneten Elke Twesten zur CDU, hatte sich der niedersächsische Ministerpräsident  für eine zügige Neuwahl ausgesprochen. Dafür bekam Weil viel Unterstützung aus seiner Partei. „Schnell Neuwahlen in Niedersachsen herbeizuführen, ist in dieser Situation die einzig richtige Entscheidung“, schrieb Kanzlerkandidat Martin Schulz am Freitag auf Facebook. Twestens Verhalten verurteilte der SPD-Chef als „Verrat an den Wählerinnen und Wählern“.

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sieht jetzt die CDU in der Pflicht, so schnell wie möglich die Hintergründe des plötzlichen Seitenwechsels zu klären. „Es geht um die Frage, wer wann informiert war in der CDU“, sagte Heil am Montag in Berlin. Twesten habe die Grünen nicht aus politischer Überzeugung verlassen, sondern sei offenbar aus persönlichen Gründen wie „Frust oder verletztem Stolz“ zur CDU übergelaufen. Die Politikerin hatte sich zuvor um eine Wiederaufstellung als Grünen-Landtagskandidatin beworben – und war von der eigenen Partei abgewiesen worden. Daraufhin soll sie von der CDU ein „unmoralisches Angebot“ erhalten haben.

Heil: Vorgang wirft schlechtes Licht auf die Union

„Dass die CDU dieses Spiel mitmacht und damit versucht, in der laufenden Legislaturperiode den Wählerwillen der letzten Landtagswahl zu verfälschen, wirft ein schlechtes Licht auf die Union“, sagte Heil. Bis hin zu Parteichefin Angela Merkel müsse die CDU nun klären, was im Fall Twesten hinter den Kulissen im niedersächsischen Landtag gelaufen sei, forderte er.

Auch Thomas Oppermann, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion und wie Heil Abgeordneter aus Niedersachsen, sieht die CDU in der Pflicht, klar Stellung zu beziehen. „Die CDU muss jetzt schleunigst offenlegen: Wie viele Gespräche hat es zwischen Frau Twesten und der CDU gegeben? Wann wurden sie geführt? Was war Anlass und Inhalt? Wer war von der CDU dabei? Welche Angebote wurden gemacht? Wurde Frau Merkel informiert, wann und warum?“, forderte Oppermann.

Weils VW-Rede: „Es ging darum, Fakten zu sichern“

In der Frage um eine mögliche Einflussnahme von Volkswagen auf eine Regierungserklärung Weils im Oktober 2015 ging der Ministerpräsident inzwischen in die Offensive. Dies sei ein „absurder Vorwurf“, sagte Weil der „Bild“. Es sei bei der Abstimmung lediglich darum gegangen, „auf rechtliche oder sachliche Bedenken hinzuweisen“. Als Ministerpräsident ist Weil auch Aufsichtsratsmitglied bei Volkswagen und als solches zu Verschwiegenheit über Interna verpflichtet. Bereits am Sonntag veröffentlichte die Staatskanzlei den Entwurf von Weils Rede mit den Anmerkungen von Volkswagen. Dabei wird deutlich: Die Änderungen beziehen sich vor allem auf technische Details und Angaben zum amerikanischen Verfahrensrecht.

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil wies so auch am Montag die Vorwürfe aus CDU und CSU, der niedersächsische Ministerpräsident habe sich vom VW-Vorstand beeinflussen lassen, als „haltlose Unterstellung“ zurück. „Es ging darum, Fakten zu sichern.“ Jetzt daraus den Vorwurf der Einflussnahme seitens des VW-Vorstandes zu konstruieren, hält Heil für eine „Inszenierung“ der Union. Dass sich der Ministerpräsident stets korrekt verhalten habe, zeige schon die „harte Kritik“ an VW, die er in der Rede geübt habe. Damals hatte Weil das Verhalten des Autobauers in der sogenannten Abgasaffäre als „unverantwortlich, völlig inakzeptabel und durch nichts zu rechtfertigen“ bezeichnet.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare