Inland

Neues Polizeiaufgabengesetz - „Die CSU hat jedes Maß verloren“

Die bayerische SPD-Vizechefin Johanna Uekermann kritisiert scharf das neue Polizeiaufgabengesetz der CSU, das am Dienstagabend vom Landtag beschlossen wurde. Die Partei schieße weit über das Ziel hinaus.
von Fabian Schweyher · 15. Mai 2018
Johanna Uekermann
Johanna Uekermann

Mit dem von der CSU geplanten Polizeiaufgabengesetz sollen die Befugnisse der bayerischen Polizei ausgeweitet werden. Sie soll bei „drohender Gefahr“ früher und umfassender eingreifen dürfen. Wie stehen Sie dazu?

Das vorgelegte Polizeiaufgabengesetz darf auf keinen Fall beschlossen werden. (Das Interview wurde kurz vor der Abstimmung im Landtag geführt; die Redaktion.) Am besten wäre es, wenn Markus Söder es zurückzieht. Das Gesetz schießt weit über das Ziel hinaus. Damit bekommt die Polizei Befugnisse wie seit 1945 nicht mehr. Unter dem Begriff der „drohenden Gefahr“ soll die Polizei massive präventive Eingriffsmöglichkeiten bekommen. Dazu zählt die „Gefährderhaft“, mit der Menschen für drei Monate in Präventivhaft genommen werden können und die immer wieder verlängert werden kann. Die Polizei soll bei drohender Gefahr auch Telefone abhören und Onlinedurchsuchungen machen dürfen. Es handelt sich also um massive Eingriffe in unsere Bürger- und Freiheitsrechte. Markus Söder und die CSU haben jedes Maß verloren.

Das Gesetz richtet sich gegen die sogenannten „Gefährder“, deren Zahl in Deutschland immer weiter zunimmt. Reicht dafür das bereits existierende bayerische Polizeiaufgabengesetz aus oder muss etwas verändert werden?

Bayern ist ohnehin schon eines der sichersten Bundesländer und die Kriminalitätsstatistik sinkt immer weiter. Wir haben überhaupt keinen Grund, der Polizei derartig neue Befugnisse zu erteilen. Es gibt einen Grund, warum zwischen Geheimdiensten und Polizei unterschieden wird. Beide sollen ihre Befugnisse wahrnehmen. Die Ausweitung durch die Neuordnung des Polizeiaufgabengesetzes geht zu weit. Wenn die Polizei gestärkt werden soll, dann müssen wir mehr Personal einstellen und dafür sorgen, dass es besser ausgestattet wird. Das sind die Fragen, die die Polizisten in Bayern umtreiben. Sie machen extrem viele Überstunden; Stellen sind nicht besetzt. Eigentlich hätten die CSU und Markus Söder durchaus etwas zu tun, anstatt die Befugnisse immer weiter auszuweiten.

In diesem Jahr findet in Bayern die Landtagswahl statt. In den vergangenen Wochen sorgte die CSU immer wieder für Schlagzeilen – vom Kreuz-Erlass über Alexander Dobrindts „Anti-Abschiebe-Industrie“ bis zum Polizeiaufgabengesetz. Wie bewerten Sie das?

Die CSU sät Zweifel am Rechtsstaat und legt damit die Axt an die Demokratie. Markus Söder hat Angst, bei der Wahl die absolute Mehrheit in Bayern zu verlieren. Entsprechend feuert er aus allen Rohren, doch bei allen Themen gibt es Kritik. Es handelt sich um einen klassischen Fehlstart. Am Ende wird der Protest beim Polizeiaufgabengesetz wirken. 40.000 Menschen sind dagegen bereits in München und allen anderen größeren Städten in Bayern auf die Straße gegangen. Das gab es seit Langem nicht mehr. Das zeigt, wie groß und breit die Kritik an dem Gesetz ist. Jetzt will Markus Söder Beruhigungspillen verteilen, in dem er mehr Dialog und Aufklärung anbietet.

Voraussichtlich wird das Polizeiaufgabengesetz im Landtag verabschiedet. Wie wird die SPD reagieren?

Wir werden unseren Protest weiterführen und auch prüfen, ob wir gegen das Polizeiaufgabengesetz klagen werden. Ich bin mir sicher, dass wir damit erfolgreich sein werden.

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