Die Gewerkschaften haben in der Vergangenheit viele Mitglieder verloren. Ihre Bedeutung im Arbeitskampf nahm in der letzten Zeit ab, weil Arbeitnehmer und Arbeitgeber sich immer häufiger in
direkten Verhandlungen einigen.
Diese Art der Auseinandersetzung scheint für die Lohnabhängigen nicht immer vorteilhaft zu sein. Die sogenannten Betrieblichen Bündnisse bedeuten für die Beschäftigten "mehr Konzessionen in
immer kürzeren Abständen" , schrieb Dr. Britta Rehder, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung in Köln in einem Aufsatz Anfang letzten Jahres.
Gleichzeitig suchen die Gewerkschaften nach neuen Strategien, um effektiver für ihre Mitglieder einzutreten.
Mit dem Pforzheimer Abschluss in der Metallbranche vom 12. Februar 2004 hat die IG-Metall erstmalig Abweichungen vom Flächentarifvertrag für den Erhalt von Arbeitsplätzen zugestimmt.
Eine Voraussetzung für die Verhandlung zwischen Unternehmensleitung und Gewerkschaft ist zunächst die Offenlegung sämtlicher betriebsrelevanten Daten. "Wir verschaffen uns ein Bild von der
Situation des Unternehmens," sagte Dünnemeier. Die Institute der Gewerkschaft und externe Experten analysieren, ob Firmenverlagerungen tatsächlich möglich und geplant sind, oder ob die
Firmenleitung nur damit droht. Die Experten überprüfen, ob Sanierungen notwendig und durchführbar sind. Die Gewerkschaft bindet manchmal auch Gesellschafter und Banken in die Sanierung von
Unternehmen ein.
"Nur bei ernstzunehmenden Optionen für Beschäftigte", wie Standort- und Beschäftigungssicherung der Unternehmen, Sicherung der Arbeitsplätze und glaubwürdige Zukunftsperspektiven werden
Beschäftigtenbeiträge wie die Kürzung von Sonderzahlungen, die Stundung von Ansprüchen oder Mehrarbeit ohne Lohnausgleich überhaupt angeboten, erklärte Dünnemeier. "Wenn das Ziel erreicht ist,
werden Beiträge zurückgezahlt."
Oft haben auch Managementfehler die schlechte wirtschaftliche Situation eines Betriebes verursacht. Durch eine Veränderung der Managementkonzepte könne man dann die Lage verbessern.
Die IG-Metall hat mit dem Pforzheimer Modell neues Terrain betreten. Sie hat auch Aufgaben von Insolvenz- und Unternehmensberatern übernommen, offensichtlich mit Erfolg.
Ab 2004 sind von allen Tarifabschlüssen 15,3% nach dem Muster des Pforzheimer Abkommens abgeschlossen worden.
Dünnemeier zieht ein positives Fazit. Die neue Strategie habe die IG-Metall gestärkt. Durch bessere Einblicke in die tatsächliche Situation von Unternehmen habe die Gewerkschaft effektiver
handeln können. So konnten Unternehmen dazu gebracht werden, in bestehende Standorte und Betriebe zu investieren. Durch diese Erfolge habe die IG-Metall mehr Mitglieder erreicht, die sie stärker in
ihre Arbeit einbinden konnte.
Aber die Tarifvertragsparteien, darunter auch die IG-Metall, könnten nur in begrenztem Umfang für Arbeitsplätze einstehen, räumte Dünnemeier ein. Das Umfeld müsse die Finanz- und
Wirtschaftspolitik schaffen.
Karin Müller
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