Inland

Neue Corona-Regeln: Kritik an Details, Hoffnung auf Konsens

Bund und Länder haben sich auf neue Regeln im Kampf gegen die Corona-Epidemie geeinigt. Von Sozialdemokrat*innen gibt es dazu viel Lob, aber auch vereinzelt Kritik – und eine Warnung vor Alleingängen.
von Benedikt Dittrich · 16. April 2020
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Bund und Länder haben sich am Mittwoch über den weiteren Fahrplan in der Corona-Krise verständigt. Die Kontaktverbote bleiben erhalten, aber Schulen und kleinere Geschäfte sollen bald wieder öffnen. Auch wenn die behutsamen Lockerungen überwiegend auch von Sozialdemokrat*innen begrüßt werden, gibt es dennoch Kritik – manchmal grundlegend, manchmal nur im Detail.

So begrüßt Familienministerin Franziska Giffey grundsätzlich die Regelungen, die Bundeskanzlerin Angela Merkal am Mittwoch zusammen mit Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher und Vizekanzler Olaf Scholz vorgestellt hatte. Gemeinsam mit den Familienministern der Länder wolle sie nun besprechen, welche Berufsgruppen künftig die Notbetreuung in den Kitas in Anspruch nehmen dürfen. Die erwerbstätigen Eltern bräuchten die Entlastung und eine klare Perspektive. Die Interessen der Familien „dürfen im gesamten Prozess der Bekämpfung des Corona-Virus nicht vernachlässigt werden“, so die Sozialdemokratin weiter.

So mahnt beispielsweise der hessische Bundestagsabgeordnete Michael Roth mit Blick in die Zukunft an, dass eine „Exitstrategie“ auf europäischer Ebene koordiniert werden müsste und nicht allein im Bund. Nur so würden Gesundheitsschuttz und Lieferketten funktionieren. „Wir sind eine Gemeinschaft. Ein Markt“, appellierte der Europastaatsminister im Auswärtigen Amt an seine Kolleg*innen in den Parlamenten.

Was die Lockerungen angeht, stören sich einige SPD-Politiker*innen an der Bewertung der einzelnen Bereiche. So kritisierte Serpil Midyatli, stellvertretende Parteivorsitzende, dass Spielplätze weiterhin geschlossen bleiben sollen. „Warum dürfen Geschäfte öffnen und Spielplätze noch nicht“, wundert sie sich.

Kevin Kühnert kritisierte hingegen vor allem den Alleingang von Armin Laschet, Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen. Der CDU-Politiker hatte zeitgleich zur Pressekonferenz der Bundeskanzlerin verkündet, die Schulen in Nordrhein-Westfalen schon früher und umfassender zu öffnen. Für den stellvertretenden SPD-Vorsitzenden und Juso-Chef eine desaströse Kommunikation.

Das Wirtschaftsforum der SPD lobte die getroffenen Maßnahmen ebenfalls, mahnte aber eine langfristige, planbare Perspektive an: „Planbarkeit, Verlässlichkeit, Klarheit und gute Koordination der Schritte sind dabei für die Wirtschaft absolut zentral“, so der Präsident des SPD-nahen Wirtschaftsverbands, Dr. Michael Frenzel. Deswegen begrüßte Frenzel auch die Entscheidung, dass kleinere Geschäfte wieder öffnen dürfen, forderte aber gleichzeitig, dass viele kleine und mittelständische Unternehmen eine „baldige Einnahmeperspektive“ bräuchten. Da die Wirtschaftsbereiche Tourismus und Gastronomie vorrausichtlich extrem von den Folgen der Krise betroffen seien, brachte Frenzel auch weitere branchenbezogene Unterstützungsmaßnahmen ins Spiel.

Aus einer ganz anderen Perspektive meldete sich auch die Gewerkschaft der Polizei zu Wort: Sollten die Länder sich nicht auf eine bundesweit einheitliche Umsetzung der Regularien verständigen können, sieht der stellvertretende Vorsitzende Jörg Radek die Gefahr von „Konsumausweichbewegungen“ in Grenzregionen und steigender Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Beides würde die Arbeit der Polizei erschweren. „Die Bewältigung der Krise darf kein Anlass sein in einen politischen Wettbewerb einzutreten“, so Radek weiter, „Wir dürfen die bisherige weitgehende Zustimmung zu den politischen Maßnahmen nicht aufs Spiel setzen.“

Autor*in
Benedikt Dittrich

war von 2019 bis Oktober 2022 Redakteur des „vorwärts“.

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