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Nahles: Arbeiten 4.0 braucht Sicherheit und Recht auf Weiterbildung

Mehr Flexibilität, mehr Eigenverantwortung. Auf die Beschäftigten im Zeitalter der Digitalisierung kommen Veränderungen zu. In ihrem Weißbuch zum „Dialogprozess Arbeiten 4.0“ stellt Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles Lösungen vor, die Sicherheit geben sollen: u.a. ein Recht auf Weiterbildung.
von Vera Rosigkeit · 29. November 2016
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Wie werden wir in Zukunft arbeiten? Und wie können wir Einfluss nehmen auf den Strukturwandel, in dem sich unsere Arbeitswelt durch die Digitalisierung befindet? Das sind die Ausgangsfragen einer Veranstaltungsreihe mit dem Titel „Dialogprozess Arbeiten 4.0“ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, die vor eineinhalb Jahren begann und am Dienstag zu einem vorläufigen Ende gekommen ist. „Für uns hat sich der Dialog gelohnt, wir haben viel gelernt“, erklärte Arbeitsministerin Andrea Nahles und stellte in Berlin das Weißbuch vor, das eine Bilanz dieses Dialogprozesses zusammenfasst.

Arbeiten 4.0: Flexibilität braucht Sicherheit

Die Veränderungen der Arbeit finden derzeit vor unseren Augen statt. War der 3-D-Drucker vor einigen Jahren noch etwas für Start-Ups, ist er heute bereits fester Bestandteil des Produktionsprozesses eines Mittelstandsbetriebs, beschreibt Nahles die rasante Entwicklung in der Art, wie Waren produziert und Dienstleistungen erbracht werden. Und das hat Folgen. Nicht nur für die Beschäftigten, die vorher die Arbeit des 3-D-Druckers per Hand erledigt haben und ihren Arbeitsplatz verlieren, sondern auch auf Arbeitsformen und Arbeitszeitmodelle.

Mehr Flexibilität und mehr Eigenverantwortung sind gefragt, ebenso wie Sicherheit und Verlässlichkeit, sagt Nahles. Denn Flexibilität ohne Sicherheit würde ihrer Meinung nach dazu führen, dass sich die Menschen nicht auf schwierige Lernprozesse einließen. Zudem ist sich die SPD-Politikerin bewußt, „dass Flexibilität für manche Unternehmen ein Feigenblatt sei, um Tarife zu umgehen oder das Arbeitsrecht zu unterlaufen“.

Mit einem Arbeitszeitdialog will Nahles einen Konsens in diesem Interessenskonflikt finden und schlägt ein Wahlarbeits-Gesetz vor. Darin enthalten: ein Recht der Beschäftigten, ihre Arbeitszeit den Lebensphasen anzupassen sowie klare Regeln für den Arbeitsschutz. Aber gleichzeitig verbunden mit der Möglichkeit, in Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen flexiblere Lösungen zu finden. Denn ein Grundsatz der Bundesarbeitsministerin lautet, dass es dort mehr Flexibilität und Spielraum gibt, wo es Tarifverträge gibt.

Recht auf Weiterbildung durch Arbeitsversicherung

Neben der Flexibilisierung macht sich Nahles für ein weiteres Thema stark: Die rasanten Veränderungen der Arbeit fordern vor allem mehr Initiative im Bereich der Weiterbildung, erklärt sie. „Wenn wir wollen, dass die Fachkräfte von morgen zur Nachfrage von morgen passen, müssen wir mehr tun für Qualifizierung und Weiterbildung – und zwar im ganzen Erwerbsleben“, ist sie überzeugt. Ihr Vorschlag: In Zukunft müsse die Arbeitslosenversicherung, deren Aufgabe es sei, berufliche Risiken abzusichern, Schritt für Schritt zur Arbeitsversicherung ausgebaut werden, die Beschäftigte berate und mit Leistungen unterstütze.

Nahles möchte nicht nur eine unabhängige Qualifizierungsberatung einrichten, sondern fordert ein Recht auf Weiterbildung. So ließe sich den Menschen auch die Sorge nehmen, in dem man Wege aufzeige, konkret zu handeln. Mit dem Dialogprozess wolle sie zudem den Mythen entgegentreten, die mit der Digitalisierung einhergehen würden: dass Computer Arbeit überflüssig machen und Roboter die Kontrolle übernehmen werden. Es sei nichts vorherbestimmt und schon gar nicht alternativlos, betont Nahles. „Wir können immer entscheiden, in welche Richtung der Fortschritt läuft.“

 

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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