Müller-Tweet: AfD unterliegt vor Gericht
Florian Gaertner/photothek.net
Der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin hat heute sein Urteil in einem vom Berliner Landesverband der AfD angestrengten Organstreitverfahren verkündet. Der Antrag der AfD richtete sich gegen eine Twitter-Nachricht des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD). Der Verfassungsgerichtshof hat den Antrag zurückgewiesen.
Michael Müller sieht Rechtsauffassung des Senats bestätigt
Müller sagte nach der Bekanntgabe der Entscheidung, der Verfassungsgerichtshof habe die Rechtsauffassung der Senatskanzlei bestätigt, „dass sich unser Tweet im Einklang mit unserer Verfassung befindet. Unser Tweet thematisiert weder eine oder mehrere politische Parteien noch verletzt er die Chancengleichheit im politischen Wettbewerb, wie es der AfD Landesverband in seiner Klage behauptet.“ Er wertete das Urteil als ein Signal zur Stärkung und Akzeptanz der demokratischen Willensbildung in sozialen Netzen und betonte: „Unser Ziel muss es sein, Demokratie in sozialen Netzwerken zu stärken und nicht zu schwächen. Sie ist durch Fake-News, Hate-Speech und intransparente Algorithmen in Gefahr.“
Hintergrund: Im Mai 2018 hatten sich mehrere tausend AfD-Anhänger in Berlin zu einer Demonstration versammelt. Gleichzeitig machten etwa 25.000 Menschen gegen die rechtspopulistische Partei mobil. Müller twitterte am Nachmittag gegen 17:00 Uhr diesen Tweet:
Argumente der AfD überzeugen das Berliner Gericht nicht
Die AfD sah darin das Recht auf Chancengleichheit der Parteien aus Artikel 21 GG verletzt. Aus diesem Recht folge, dass Inhaber eines Regierungsamtes bei Äußerungen in amtlicher Funktion zur Neutralität verpflichtet seien. Sie dürften daher nicht einseitig parteiergreifend zulasten einzelner politischer Parteien Stellung nehmen. Müller habe für die Verbreitung der Nachricht seinen offiziellen Twitteraccount verwendet und sich damit in seiner amtlichen Funktion geäußert. Die Nachricht verstoße gegen das Neutralitätsgebot, weil sie eine positive Bewertung der Gegendemonstrationen enthalte. Damit werde zugleich die AfD kritisiert.
Diese Argumentation überzeugte den Berliner Verfassungsgerichtshof nicht. Zwar hat der Regierende Bürgermeister, indem er die Nachricht über den offiziellen Twitter-Account verbreitet hat, in amtlicher Funktion gehandelt, stellte das Gericht fest. Er sei damit dem Neutralitätsgebot unterworfen gewesen. Allerdings fehlte, heißt es in einer Pressemitteilung des Gerichts, der Bezug zur Antragstellerin. „Aus dem Wortlaut der Nachricht ergab sich nichts, was auf die Antragstellerin als Bezugspunkt der Nachricht hindeutete. Sie enthielt weder eine Kollektivbezeichnung, die für die AfD stehen könnte, noch sonst irgendeine sprachliche Anspielung auf diese.“
Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes ergab sich dieser Bezug auch nicht aus dem Kontext des Demonstrationsgeschehens. Denn dass neben den in der Nachricht in Bezug genommenen Demonstrationen eine Kundgebung der AfD stattfand, ging aus der Nachricht selbst nicht hervor. Dieser Zusammenhang setzte vielmehr Wissen aus anderen Quellen voraus. Mehr dazu in der Pressemitteilung des Gerichts.
Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin, Urteil vom 20. Februar 2019, VerfGH 80/18.
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Dieser Artikel ist zuerst erschienen in der Demo Online.
ist Redakteurin beim vorwärts-Verlag und schreibt für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.