Missbrauchsdebatte bei Hartz IV hält an - SPD mahnt zu mehr Geduld
Nachdem am Wochenende die Parteichefs von Union und SPD, Angela Merkel und Franz Müntefering, bekräftigt haben, gegen Missbrauch beim Bezug von Arbeitslosengeld vorzugehen, forderte auch der
Arbeitsmarktexperte der SPD-Bundestagsfraktion Klaus Brandner ein energischeres Vorgehen gegen Sozialbetrug. Laut "Frankfurter Allgemeine" forderte er eine stärkere Nutzung der Aktivierungsmittel
und lehnte die von der Union geforderte Kommunalisierung der Vermittlung ab. Er mahnt zu mehr Geduld mit Hartz IV: Noch sei das System des Förderns und Forderns nicht funktionsfähig, da die
Sanktionen nicht griffen.
Auch das BA-Vorstandsmtigleid Heinrich Arlt warnte, es sei "nach zehn Monaten zu früh, um ein abschließendes Urteil über Hartz IV abzugeben." Er riet dazu, die bestehenden Möglichkeiten zu
nutzen, gegen Missbrauch vorzugehen. Gespalten zeigte sich der Verwaltungsrat der BA: Während Arbeitgebervertreter Peter Clever der Missbrauchsthese von Wolfgang Clement zustimmte, wies
Gewerkschaftsvertreterin Ursula Engelen-Kefer diese scharf zurück: Dass bei einer Telefonumfrage der BA 45 Prozent der ALG-II-Empfänger nicht anwesend waren, sei noch kein Beweis für Missbrauch.
Bundesminister Clement erhöhte seine Missbrauchsschätzung derweil von 10 auf rd. 20 Prozent aller Bezieher und kündigte verschärfte Kontrollen an. Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD)
will "Fehlanreize, die das Gesetz bietet, ausgeschlossen sehen." So könnten Jugendliche oder Paare mehr Geld erzielen, wenn sie getrennte Wohnungen nehmen. Laut "Der Tagesspiegel" bestätigen alle
Experten in den Jobcentern, das diese Möglichkeiten genutzt werden. Auch Wirtschaftssenator Harald Wolff (PDS) lehnt eine Novellierung nicht grundsätzlich ab. Die Sprecherin der Sozialverwaltung
führt die Steigerungen beim Bezug statt auf Missbrauch auf höhere Freibeträge für Zuverdienst und Vermögen zurück. Auch würden nicht mehr direkte Verwandte herangezogen und ALG-II-Empfänger
geführt, die früher nur Wohngeld erhielten.
Quellen: Der Tagesspiegel, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Stuttgarter Zeitung vom 25. Oktober 2005.
war von 1994 bis 1998 Büroleiter und Persönlicher Referent des SPD-Fraktionsvorsitzenden Rüdiger Fikentscher.