Inland

Missbrauchsdebatte bei Hartz IV hält an - SPD mahnt zu mehr Geduld

von Stefan Grönebaum · 25. Oktober 2005
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Nachdem am Wochenende die Parteichefs von Union und SPD, Angela Merkel und Franz Müntefering, bekräftigt haben, gegen Missbrauch beim Bezug von Arbeitslosengeld vorzugehen, forderte auch der Arbeitsmarktexperte der SPD-Bundestagsfraktion Klaus Brandner ein energischeres Vorgehen gegen Sozialbetrug. Laut "Frankfurter Allgemeine" forderte er eine stärkere Nutzung der Aktivierungsmittel und lehnte die von der Union geforderte Kommunalisierung der Vermittlung ab. Er mahnt zu mehr Geduld mit Hartz IV: Noch sei das System des Förderns und Forderns nicht funktionsfähig, da die Sanktionen nicht griffen.

Auch das BA-Vorstandsmtigleid Heinrich Arlt warnte, es sei "nach zehn Monaten zu früh, um ein abschließendes Urteil über Hartz IV abzugeben." Er riet dazu, die bestehenden Möglichkeiten zu nutzen, gegen Missbrauch vorzugehen. Gespalten zeigte sich der Verwaltungsrat der BA: Während Arbeitgebervertreter Peter Clever der Missbrauchsthese von Wolfgang Clement zustimmte, wies Gewerkschaftsvertreterin Ursula Engelen-Kefer diese scharf zurück: Dass bei einer Telefonumfrage der BA 45 Prozent der ALG-II-Empfänger nicht anwesend waren, sei noch kein Beweis für Missbrauch.

Bundesminister Clement erhöhte seine Missbrauchsschätzung derweil von 10 auf rd. 20 Prozent aller Bezieher und kündigte verschärfte Kontrollen an. Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) will "Fehlanreize, die das Gesetz bietet, ausgeschlossen sehen." So könnten Jugendliche oder Paare mehr Geld erzielen, wenn sie getrennte Wohnungen nehmen. Laut "Der Tagesspiegel" bestätigen alle Experten in den Jobcentern, das diese Möglichkeiten genutzt werden. Auch Wirtschaftssenator Harald Wolff (PDS) lehnt eine Novellierung nicht grundsätzlich ab. Die Sprecherin der Sozialverwaltung führt die Steigerungen beim Bezug statt auf Missbrauch auf höhere Freibeträge für Zuverdienst und Vermögen zurück. Auch würden nicht mehr direkte Verwandte herangezogen und ALG-II-Empfänger geführt, die früher nur Wohngeld erhielten.

Quellen: Der Tagesspiegel, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Stuttgarter Zeitung vom 25. Oktober 2005.



Autor*in
Stefan Grönebaum

war von 1994 bis 1998 Büroleiter und Persönlicher Referent des SPD-Fraktionsvorsitzenden Rüdiger Fikentscher.

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