Miersch: „Dürfen Klimaschutz nicht über den Preis erzwingen"
Florian Gaertner/photothek.net
Beinahe wöchentlich gibt es neue Nachrichten zum Klimaschutz – und zwar unabhängig von der Perspektive. Der globale Klimawandel beschäftigte am Wochenende die Nationen bei der Klimakonferenz in Madrid, die Europäische Union arbeitet am „Green Deal“ und in Deutschland wird das Klimapaket Stück für Stück in Gesetze gegossen. „Wir haben eine Vorreiterrolle“, sagt Matthias Miersch, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion. Aber es komme darauf an, zu liefern.
Die jüngste Einigung im Vermittlungsausschuss zwischen Bund und Ländern sieht eine Steigerung des CO2-Einstiegspreises vor. Der war von vielen Verbänden und Wissenschaftlern als zu niedrig kritisiert worden. Weitere Details zu der Einigung vom 18. Dezember auf der Seite des Ausschusses.
Im Gespräch mit dem „vorwärts“ warnt Miersch aber vor einer einseitigen Sichtweise: „Wir dürfen den Klimaschutz nicht über den Preis erzwingen.“ Es sei zwar wichtig, dass das klimaschädliche CO2 einen Preis habe, so Miersch weiter, gleichzeitig betont er aber die Notwendigkeit von Alternativen, vor allem beim Verkehr. Ohne brauchbare Alternativen bei den Antriebstechnologien oder im öffentlichen Nahverkehr würde es die Gesellschaft zerreißen, meint der SPD-Fraktionsvize.
Miersch begrüßt moderaten Einstiegspreis
„Ein moderat höherer Einstiegspreis, wie wir ihn jetzt vereinbart haben“, sagt Miersch mit Blick auf den Ausschuss, „setzt die richtigen Anreize.“ Außerdem soll das Geld vollständig an die Bürger zurückfließen. Einerseits soll das über eine sinkende EEG-Umlage passieren. Der Strompreis soll also sinken. Andererseits sollen Pendler über eine höhere Kilometerpauschale entlastet werden. Obendrein sollen klimafreundliche Technologien im Gebäude- und Heizungssektor gefördert werden.
„Das sind wichtige Schritte“, so Miersch, „bis zur klimaneutralen Gesellschaft haben wir aber noch einen langen gesellschaftlichen Transformationsprozess vor uns.“ Ein Prozess, den die Politik steuern müsse und der nicht dem Markt überlassen werden dürfe, warnt der SPD-Bundestagsabgeordnete. „Entscheidend ist, dass Wirtschaft und Gesellschaft zusammenstehen und niemand hinten runterfällt."
Deutschland als Vorreiter mit doppeltem Ausstieg
Dass Deutschland als einziges Industrieland gleichzeitig aus der Kohleverstromung und der Atomenergie aussteige, werde in internationalen Vergleichen übersehen, ist Miersch überzeugt. Deswegen habe Deutschland auch weiterhin eine Vorreiterrolle. In verschiedenen Berichten und Kommentaren war diese Vorreiterrolle zuletzt in Frage gestellt worden.
In Sachen Kohle-Ausstieg nimmt Miersch den Koalitionspartner in die Pflicht. Ein Gesetz zum Kohleausstieg gibt es noch nicht, obwohl die Kohlekommission sich schon Anfang des Jahres auf einen Fahrplan geeinigt hatte. „Wirtschaftsminister Altmaier muss schleunigst liefern“, verweist Miersch in Richtung des CDU-geführten Ministeriums.
Geliefert werden muss allerdings auch bei der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien: „Wir brauchen den verlässlichen Ausbaupfad, wie wir in den nächsten zehn Jahren auf 65 Prozent erneuerbare Energien am Brutto-Stromverbrauch kommen“, so Miersch weiter. Die Abstandsregeln für Windkraftanlagen, die derzeit diskutiert werden, müssten sich an diesem Ziel orientieren. „Ohne mehr Strom aus Wind und Sonne können wir den Ausstieg aus Kohle und Atom vergessen.“
Das Klimapaket soll am Donnerstag im Bundesrat und am Freitag im Bundestag verabschiedet werden, erklärte die Vorsitzende des Vermittlungsausschusses, Manuela Schwesig. „Wir haben das Klimapaket besser gemacht", fasste sie am Mittwochmittag zusammen.
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