Inland

MDR hilft Kreml-Sender: SPD-Politiker fordern Aufklärung

Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) hat dem Sender „Russia Today“ bei einem Interview mit einem AfD-Politiker geholfen. Sozialdemokraten üben deshalb scharfe Kritik. Sie fordern, dass der Rundfunkrat die Sache untersucht.
von Paul Starzmann · 29. März 2018
Russia Today
Russia Today

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk „darf nicht für Propaganda missbraucht werden“. Das schrieb Dirk Panter, Chef der sächsischen SPD-Landtagsfraktion, vor wenigen Tagen auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Der Grund: Der MDR hat am 20. März dem russischen Sender „Russia Today“ (RT) ein Studio zur Verfügung gestellt ­– als freundliche Geste unter Journalistenkollegen sozusagen. Dabei gilt „RT“ nicht gerade als seriöses Medium. Für Frank Überall, den Chef des Deutschen Journalistenverbands (DJV), ist der Sender aus Moskau eher ein „Propagandakanal des Kremls“.

„RT“ bekommt Hilfestellung aus Dresden

Trotzdem hat der MDR vor kurzem ganz offiziell ein Studio an „RT“ ausgeliehen. „RT International“ wollte den sächsischen AfD-Politiker Maximilian Krah interviewen und brauchte dafür eine Möglichkeit zur Übertragung der Bilder. Diese stellten dann MDR-Mitarbeiter in Krahs Heimatstadt Dresden zur Verfügung.

In dem Interview ging es um einen muslimischen Polizisten aus Rheinland-Pfalz, der bei einer Betriebsfeier im vergangenen Jahr einer Kollegin den Handschlag verweigert hatte und deshalb jetzt 1.000 Euro Strafe zahlen muss. Über den Fall sprach Krah in holprigem Englisch mit dem „RT“-Moderator Daniel Hawkins. Der stellte dem AfD-Politiker Fragen, wie sie dem Rechtspopulisten wohl gefallen haben. So fragte er etwa: „Welches Problem gibt es dabei, Vielfalt anzunehmen?“ Auf dieses Stichwort hin sprach Krah davon, dass muslimische Einwanderer angeblich „viel mehr Probleme“ bereiteten als Osteuropäer oder Vietnamesen. Auch behauptete er, manche Kulturen passten einfach nicht zusammen.

Regelmäßig rechtsextreme Gäste

Dass ein AfD-Politiker solch pauschale Sätze von sich gibt, überrascht kaum. Dass er von „Russia Today“ befragt wird, ist auch nichts Besonderes. Der russische Sender lädt sich gerne Aktivisten und Politiker vom rechten politischen Rand ein. So war schon der Rechtsextremist Martin Sellner, Chef der österreichischen „Identitären Bewegung“, zu Gast. Auch Verschwörungstheoretiker wie Jürgen Elsässer oder Vertreter des rechtsradikalen Front National aus Frankreich werden von „RT“ regelmäßig eingeladen. Für den Chef des deutschen „RT“-Programms ist das alles kein Problem. In der deutschen Politik- und Medienlandschaft sehen das jedoch einige anders – vor allem, wenn „RT“ für seine Arbeit Hilfestellung von einem öffentlich-rechtlichen Sender bekommt, wie jetzt vom MDR.

So ist etwa René Lindenberg, der die Thüringer SPD im MDR-Rundfunkrat vertritt, strikt gegen eine Zusammenarbeit mit „RT“. „Prinzipiell geht das nicht“, sagte er. Der Grund: „Russia Today“ habe gar keinen Anspruch darauf, von einem deutschen Sender wie dem MDR ein Studio zur Verfügung gestellt zu bekommen. Denn im Gegensatz zu anderen russischen Kanälen ist „RT“ nicht in der „Europäischen Rundfunkunion“ (EBU) organisiert, die den Austausch zwischen den Fernseh- und Radiosendern verschiedener Länder organisiert.

SPD-Politiker: Rundfunkrat muss den Fall prüfen

Wie der „Tagesspiegel“ berichtete, hieß es beim MDR zwar zunächst, die Kooperation mit dem Kreml-Sender sei auf Grundlage von EBU-Regeln erfolgt. Später mussten die Verantwortlichen beim MDR jedoch eingestehen, dass „RT“ doch kein Mitglied der „Europäischen Rundfunkunion“ ist – die Zusammenarbeit bei dem Interview also gar keine formale Grundlage hatte.

Lindenberg geht deshalb davon aus, dass sich der MDR-Rundfunkrat bald eingehend mit dem „RT“-Fall beschäftigen wird. Die nächste Sitzung des 33-köpfigen Gremiums ist für Anfang Mai geplant. Der MDR sollte keine „Dienstleistungen“ mehr für den russischen Kanal leisten, forderte auch der sächsische Sozialdemokrat Panter, der ebenfalls Mitglied im MDR-Rundfunkrat und auch medienpolitischer Sprecher seiner Landtagsfraktion ist. Wie es zu der Anfrage von „RT“ gekommen ist, müsse nun geklärt werden, sagte er.

Hat „RT“ eine demokratische Grundausrichtung?

DJV-Chef Überall sieht das ähnlich wie die beiden SPD-Politiker. „Der Mitteldeutsche Rundfunk sollte seine Kooperationen überdenken und als öffentlich-rechtlicher Sender darauf achten, nur mit seriösen Partnern zusammenzuarbeiten“, sagte er gegenüber vorwärts.de. „Russia Today“ biete keinen journalistischen Inhalt, sondern „Propaganda“. Die gebührenfinanzierten deutschen Sender dürften so etwas nicht unterstützen. „Das zählt nicht zum Auftrag öffentlich-rechtlicher Sender – es könnte ihm sogar explizit widersprechen angesichts der zumindest in Frage zu stellenden demokratischen Grundausrichtung von ‚Russia Today‘.“

Autor*in
Paul Starzmann

ist promovierter Sprachwissenschaftler und war bis Mai 2018 Redakteur beim vorwärts.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare