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Maly: Kein TTIP für Nahverkehr und Müllabfuhr

Die kommunale Daseinsvorsorge muss beim Freihandelsabkommen zwischen EU und USA außen vor bleiben. Das fordern die kommunalen Spitzenverbände. Warum sie das tun, erläutert Ulrich Maly, Präsident des Deutschen Städtetages, in einem Gastbeitrag.
von Ulrich Maly · 6. Oktober 2014
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Seit dem Beginn der Verhandlungen über eine transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) und ein Abkommen zum Handel mit Dienstleistungen (Trade in Services Agreement – TISA) engagiert sich der Deutsche Städtetag für die Berücksichtigung der kommunalen Anliegen bei diesen Freihandelsabkommen. Bereits bei den Koalitionsverhandlungen von CDU, CSU und SPD im Herbst 2013 wurden Positionen des Städtetages im Hinblick auf das TTIP aufgegriffen.

Der Deutsche Städtetag hat sich wiederholt im Präsidium und im Hauptausschuss seit Anfang 2014 mit den Auswirkungen weltweiter Handelsabkommen auf die kommunale Daseinsvorsorge befasst. Zudem hat der Deutsche Städtetag gemeinsam mit den anderen kommunalen Spitzenverbänden, Deutscher Städte- und Gemeindebund und Deutscher Landkreistag, sowie dem Verband kommunaler Unternehmen (VKU) Anfang Oktober 2014 ein gemeinsames Positionspapier vorgelegt.

Kommunale Daseinsvorsorge vom Handelsabkommen ausnehmen

Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, sich gegenüber der EU-Kommission mit Nachdruck dafür einzusetzen, dass die kommunale Daseinsvorsorge, darunter insbesondere die nicht liberalisierten Bereiche wie die öffentliche Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, die Bereiche Abfall und ÖPNV, soziale Dienstleistungen sowie alle Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge im Kulturbereich, in den derzeit verhandelten Handelsabkommen explizit ausgenommen wird.

Die Bundesregierung hat sich seit ihrem Amtsantritt engagiert in die Debatte um das Freihandelsabkommen eingebracht. Bereits in einem Schreiben von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel von Mitte März 2014 an den Deutschen Städtetag betont dieser die Haltung der Bundesregierung, dass beim TTIP die hohe Qualität der öffentlichen Daseinsvorsorge nicht beeinträchtigt werden soll. Aus Sicht der Kommunen und ihrer Unternehmen müsste die Erstellung einer Positivliste erreicht werden, in der nur die Bereiche festgelegt werden, die das Handelsabkommen umfassen soll. Somit wäre die öffentliche Daseinsvorsorge gar nicht Gegenstand des TTIP. Denn bei einer Negativliste, die bisher Standard bei Handelsabkommen ist, bestünde die große Gefahr, dass auf EU-Ebene für alle Staaten definiert würde, was Daseinsvorsorge umfassen soll. Dies lehnen die kommunalen Spitzenverbänden in Übereinstimmung mit dem VKU ab, da davon auszugehen ist, dass die Daseinsvorsorge in Deutschland und deren weite Interpretation und Ausgestaltung durch die öffentliche Hand auf Grund der Situation in den anderen EU-Mitgliedsländern in Frage gestellt werden dürfte.

Investitionsschutzklausel ist unnötig

Besonders problematisch aus kommunaler Sicht wäre auch eine Investitionsschutzklausel, mit der es Unternehmen erlaubt wäre, Staaten vor nicht öffentlichen Schiedsgerichten auf entgangene Gewinne zu verklagen, wenn durch kommunale Entscheidungen Investitionen von privaten Unternehmen behindert oder beeinträchtigt würden. Mit Klauseln wie dieser sollten ursprünglich Investoren in Regionen mit wenig entwickelten Rechtssystemen geschützt werden. Die derzeit laufende EU-Konsultation zur möglichen Ausgestaltung von Investitionsschutzklauseln war dringend notwendig. Das Ergebnis kann aus unserer Sicht allerdings nur lauten: Angesichts der hochentwickelten Rechtssysteme in den USA und den Mitgliedsstaaten der EU brauchen wir keine speziellen Investitionsschutzklauseln in einem Handelsabkommen zwischen der EU und den USA. Diese Sichtweise hat erfreulicherweise auch der Bundeswirtschaftsminister. Die Beachtung der so genannten „roten Linien“, also der Sozial- und Umweltstandards, des Verbraucherschutzes und der Arbeitnehmerrechte halten wir für unerlässlich.

Beirat will auch CETA noch verändern

Der im Frühjahr eingerichtete Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums ist für alle dort vertretenen Institutionen, Organisationen und Verbände ein wichtiger Schritt zu mehr Transparenz. Hier besteht die Gelegenheit, in einem offenen Dialog das Für und Wider der Ausgestaltung von Handelsabkommen zu erörtern. Zugleich kann es uns gelingen, durch die Erarbeitung gemeinsamer Eckpunkte nachdrücklicher die deutschen Positionen zu Handelsabkommen in Brüssel gegenüber der neuen EU-Kommission und dem EU-Parlament zu vertreten. Zudem werden wir im Beirat auch die Möglichkeit der Veränderung des vor der Verabschiedung stehenden Handelsabkommens mit Kanada (CETA) prüfen, damit insbesondere die Forderungen nach Ausnahme der Daseinsvorsorge, dem Verzicht auf Investitionsschutzklauseln und Einhaltung der Verbraucher- und Umweltstandards gewährleistet werden können.

 

 

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Ulrich Maly

Dr. Ulrich Maly ist Oberbürgermeister von Nürnberg und Präsident des Deutschen Städtetages.

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