Inland

Malu Dreyer: „Ich bleibe meiner Haltung treu“

Am Sonntag wählt Rheinland-Pfalz einen neuen Landtag: Im Interview spricht Malu Dreyer über den Kampf gegen die AfD, ihre Forderung nach einer paritätischen Finanzierung der Krankenkassen und was in ihrem Land anders läuft.
von Vera Rosigkeit · 9. März 2016

Frau Dreyer, im Umgang mit den Rechten zeigen Sie eine klare Haltung und sagen, Sie wollen sich beispielsweise nicht mit der AfD an einen Tisch setzen. Das hat Ihnen eine Menge Kritik eingebracht. Wie begründen Sie ihre Haltung?

Bereits im vergangenen Herbst habe ich deutlich gemacht, dass ich Talkformate im Fernsehen nicht für die Auseinandersetzung mit der AfD für geeignet halte. Ich erlebe die AfD nicht als Partei, die Argumente austauschen will, sondern Fernsehformate als reine Plattform der Selbstdarstellung nutzt. Die AfD ist keine normale Partei; einige Mitglieder vertreten rechtsextreme Positionen, sind fremdenfeindlich und stehen nicht auf dem Boden unserer gemeinsamen Grundeinstellungen. Ich bleibe meiner Haltung treu und verhelfe der AfD nicht zu mehr Aufmerksamkeit. Allerdings diskutiere ich täglich mit vielen Bürgern und Bürgerinnen über die AfD.

Auf ihre Betreiben hin hat Rheinland- Pfalz Ende Januar eine Bundesratsinitiative gestartet. Sie wollen, dass die Krankenkassenbeiträge wieder zu gleichen Anteilen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern übernommen werden. Rechnen Sie mit einem Erfolg?

Ich kämpfe für diesen Erfolg. Wir müssen zur paritätischen Finanzierung der Krankenversicherungsbeiträge zurückkehren. Im Sinne der Gerechtigkeit und mit Blick auf die heutige wirtschaftliche Situation ist es richtig, die Arbeitgeber und Arbeitnehmer in gleicher Höhe an den Beiträgen zu beteiligen. Die Erhöhung der Beiträge der gesetzlichen Krankenversicherung darf nicht länger allein den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen, Rentnern und Rentnerinnen aufgebürdet werden.

Aus vielen Gesprächen in den vergangenen Wochen weiß ich, dass den Beschäftigten und Rentnern das Thema zu Recht unter den Nägeln brennt. Das Zusammenwirken von Arbeitnehmern und Arbeitgebern in der Krankenversicherung hat in der Vergangenheit immer dazu geführt, dass das Krankenversicherungssystem verantwortlich weiterentwickelt wurde. Auch das spricht dafür, Arbeitgeber wieder in die gemeinsame Verantwortung mit den Versicherten zu nehmen.

Zurück zur Wahl. Sie sagen, für eine große Koalition stehen Sie nicht zur Verfügung. Warum schließen Sie eine Zusammenarbeit mit der CDU in Rheinland-Pfalz aus?

Wir kämpfen dafür, stärkste Partei zu werden, für Rot-Grün und dafür, dass ich Ministerpräsidentin bleibe.

Mit Blick auf ihre Rivalin Julia Klöckner: Geht es bei der Wahl weiterhin um die Frage „Sie – oder ich“?

Am 13. März geht es um die Frage, ob Rheinland-Pfalz weiter mit Vernunft, Erfahrung, Verlässlichkeit und Haltung regiert wird. Es geht um Malu Dreyer oder Julia Klöckner, SPD im Land oder CDU im Land.

Wo wollen Sie künftig in Rheinland-Pfalz Schwerpunkte setzen?

Neben der Erhaltung der Gebührenfreiheit bei der Bildung – von der Kita bis zur Hochschule – wollen wir neu den Meisterbonus einführen. Das heißt: Angehende Meister sollen die Differenz zwischen dem Meister-Bafög und dem, was an Gebühren für den Abschluss zu zahlen ist, vom Land bekommen. Damit stärken wir die berufliche Bildung und die Unternehmen bei uns. Wir sind das Land der guten Pflege, es gibt eine gute Infrastruktur, um gesund alt zu werden, mit vielen Pflegestützpunkten. Neu wird ein persönlicher Pflegemanager. Damit helfen wir den Familien konkret bei der Vereinbarung von Beruf und Pflege.

Um wirtschaftlich erfolgreich zu bleiben, geben wir mehr Geld für Landesstraßen und schnelles Internet aus. Wir wollen in den nächsten fünf Jahren 500 Millionen Euro in unsere Landesstraßen investieren. Bis 2018 wollen wir überall 50MBits gewährleisten und 1000 freie Wlan-Hotspots in 1000 Gemeinden installieren.

Rheinland-Pfalz ist ein sicheres Land. Wir haben in meiner Amtszeit zweimal die Einstellungszahlen der Polizeibeamten und -beamtinnen deutlich erhöht. Es gibt kein anderes Bundesland, dass die Zahl der Vollzeitstellen seit 2004 so stark gesteigert hat wie Rheinland-Pfalz.

Im Vergleich zu anderen Bundesländern gilt Rheinland-Pfalz als Vorbild in der frühkindlichen und schulischen Bildung. Was machen Sie anders?

Mit uns bleibt Bildung gebührenfrei – von der Kita bis zur Hochschule. Im Gegensatz zur CDU, die die Kitagebühren wieder einführen möchte, bitten wir die Familien nicht zur Kasse. Und wir stehen für gute Bildung: durch Ganztagsschulen, kleine Klassen und eine hohe Unterrichtsversorgung. Die kommt auf den zweitbesten Wert in den vergangenen 20 Jahren – mit 98,6 Prozent bei den allgemeinbildenden Schulen und 96,9 Prozent bei den berufsbildenden Schulen.

Außerdem sollen alle Familien in Zukunft eine Betreuungsgarantie für ihre Kinder im Grundschulalter bekommen. Wir werden die Betreuung vor allem in den Schulferien deutlich ausweiten und für Grundschulkinder weiter verbessern.

Warum ist Ihnen die weitere Verbesserung der Betreuung so wichtig?

Rheinland-Pfalz ist ein Familienland: Wir wollen auch in Zukunft allen Familien Sicherheit und Chancen geben – durch gute Bildung für ihre Kinder – sowie Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Dazu zählt natürlich das sehr gute Angebot an Kitas und Ganztagsschulen. Damit stehen wir für gute Qualität in der Bildung und machen Beruf und Familie vereinbar.

Bildung spielt auch bei der Integration von Flüchtlingen eine große Rolle. Sie sind das einzige Land, das Rechtskundeunterricht anbietet. Was kann man sich darunter vorstellen?

Dabei handelt es sich um einen speziellen Rechtskundeunterricht für Flüchtlinge, der von den Volkshochschulen zusammen mit Staatsanwälten und Richtern organisiert wird. Die meisten Flüchtlinge haben schließlich noch nie in einem funktionierenden Rechtsstaat gelebt. In den Kursen erfahren sie, wie unser demokratischer Rechtsstaat aufgebaut ist, was unsere Grundrechte wie Meinungsfreiheit oder Glaubensfreiheit bedeuten und was die Rechte und Pflichten eines jeden Einzelnen sind.

Sie sind auch das einzige Bundesland, das eine tagesaktuelle Registrierung von Flüchtlingen hinbekommt. Was macht Ihr Land anders?

Bereits seit dem vergangenen Jahr werden alle Flüchtlinge registriert. Darüber hinaus werden von allen, die zu uns kommen, Fingerabdrücke genommen. Sie werden registriert, fotografiert, und es findet ein Abgleich mit der Datei des Bundeskriminalamts statt.

Seit wenigen Wochen leisten wir erneut für den Bund Amtshilfe und sorgen für die Nachregistrierung der bereits früher auf die Kommunen verteilten Flüchtlinge. Als Ministerpräsidentin ist es mir wichtig, zu wissen, wer in unser Land kommt. 

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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