Inland

Maaßen und Petry: Warum ein gemeinsames Treffen skandalös wäre

Chef-Verfassungsschützer Hans-Georg Maaßen soll der früheren AfD-Vorsitzenden Frauke Petry einen Rat gegeben haben. Die Beratung an sich ist aber weniger das Problem.
von Christian Rath · 9. August 2018
Hans-Georg Maaßen
Hans-Georg Maaßen

Die AfD-Aussteigerin Franziska Schreiber berichtet: Hans-Georg Maaßen, Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, soll sich mehrfach mit Frauke Petry getroffen haben, als diese noch AfD-Vorsitzende war. Er soll sie beraten haben, wie die AfD eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz vermeiden kann. Dabei soll er Petry und dem AfD-Bundesvorstand empfohlen haben, ein Ausschlussverfahren gegen den Partei-Rechtsaußen und Thüringer AfD-Landesvorsitzenden Björn Höcke einzuleiten.

Eidesstaatliche Erklärung

Das alles schilderte die Aussteigerin in ihrem Buch "Inside AfD", das sie gerade vorstellte. Inzwischen hat sie mit einer eidesstaatlichen Erklärung nachgelegt, um Zweifel an ihrer Darstellung zu zerstreuen. Gewisse Vorsicht bleibt aber angebracht. Franziska Schreiber kennt die Vorgänge wohl nur vom Hörensagen - aus Schilderungen von Frauke Petry. Maaßen und Petry haben solche Treffen inzwischen dementiert. Es geht also um ein Gerücht. Allerdings hat Petry sich früher im AfD-Bundesvorstand wohl öfter auf Tipps von Maaßen berufen. Das Gerücht ist also nicht unglaubwürdig.

Die Opposition witterte sofort einen Skandal. Wer aber schon Treffen von Maaßen und Petry für skandalös hält, hat die Rolle des Verfassungsschutzes nicht verstanden. Der Inlandsgeheimdienst betreibt keine Strafverfolgung, sondern Gefahrenabwehr. Er soll Gefahren durch verfassungsfeindliche Bestrebungen erkennen und vermeiden. Die Verhinderung solcher Gefahren kann natürlich auch durch Beratung von politischen Akteuren erfolgen. Andere Behörden machen das ja auch. Das Kartellamt weist Unternehmen darauf hin, dass es bestimmte Kooperationen für problematisch hält. Die Wasserbehörden fordern Bauern auf, weniger zu düngen. Und wenn Hans-Georg Maaßen die AfD vor Björn Höcke warnt, dann hat er damit ziemlich Naheliegendes ausgesprochen.

Kein Selbstzweck

Die Beobachtung einer Partei durch den Verfassungsschutz ist auch kein Selbstzweck. Sie dient im Kern nicht einmal der Gewinnung von Erkenntnissen. Sie ist vor allem eine amtliche Verrufserklärung. Die Steuerung des demokratischen Prozesses durch eine Behörde ist in der Demokratie aber stets ein systemwidriger Fremdkörper. Wenn ein Verfassungsschutz-Chef versucht, so etwas zu vemeiden, ist das also nicht per se verkehrt, vor allem wenn es um eine Partei geht, die immerhin 10 bis 15 Prozent der Wähler repräsentiert.
   
Leider ist bei Maaßen nicht sicher, dass er ggf. aus lauteren demokratischen Motiven handelte. Sonst könnte er ja auch einfach zu seinen Treffen mit Petry und zur Beratungsaufgabe seiner Behörde stehen. Frauke Petry scheint auch einen anderen Eindruck von Maaßens Intention gehabt zu haben.

Bock zum Gärtner gemacht

In Schreibers Erklärung heißt es, "dass Frauke Petry mir gegenüber mehrfach erwähnte, dass die AfD Glück habe, mit Hans-Georg Maaßen jemanden als Chef des Verfassungsschutzes zu haben, der der Partei wohlgesonnen sei und daher eine Beobachtung vermeiden wolle, und dass man diesen Vorteil nicht verspielen dürfe."
    
Der Skandal wäre also nicht, dass Maaßen die AfD beriet und eine Beobachtung der Partei vermeiden wollte, sondern dass er dies tat, weil er der AfD "wohlgesonnen" war, gewissermaßen als Sympathisant. Das hieße erstens, dass mit einem Verfassungsschutz-Chef Maaßen der Bock zum Gärtner gemacht wurde und zweitens, daß Maaßen sein Amt für Gefälligkeiten nach eigenem Gusto missbraucht hätte. Das sind die eigentlich dramatischen Vorwürfe Schreibers gegen Maaßen.
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Christian Rath

ist rechtspolitischer Korrespondent.

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