Zehn Maßnahmen für Gute Arbeit fordern die rot-grün regierten Bundesländer in einem Antrag, den sie am Freitag in den Bundesrat einbringen. Im Interview mit vorwärts.de erklärt der Arbeitsminister von Rheinland-Pfalz Alexander Schweitzer, warum die Politik gegen Lohndumping vorgehen muss.
Mit einem Entschließungsantrag im Bundesrat fordern mehrere Länder den Bundestag auf, den Missbrauch von Leiharbeit, Werkverträgen, Minijobs und Praktika einzudämmen. Warum hält die rot-grüne Landesregierung in Rheinland-Pfalz dies für nötig?
Die Arbeitswelt und unsere Gesellschaft befinden sich insgesamt in einem schneller werdenden Wandel. Die Einkommensverteilung in Deutschland ist zunehmend in eine Schieflage geraten. Hierbei sind insbesondere zwei Ursachen festzustellen: Zum einen ist festzustellen, dass der Niedriglohnsektor sich seit Jahren ausweitet und ein existenzsicherndes Arbeitseinkommen und eine angemessene Teilhabe am gesellschaftlichen Leben nicht mehr automatisch über eine Vollzeitbeschäftigung gesichert werden können. Dieser Entwicklung wollen wir mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Festsetzung des Mindestlohns begegnen, wie er auf Initiative von Rheinland-Pfalz und weiteren Bundesländern durch den Bundesrat eingebracht wurde.
Zum anderen befindet sich die für den deutschen Arbeitsmarkt dominierende und charakterisierende Beschäftigungsform, das sogenannte „Normalarbeitsverhältnis“, als sozialversicherungspflichtige, unbefristete Beschäftigung mehr und mehr im Wettbewerb mit atypischen Beschäftigungsverhältnissen, wie beispielsweise geringfügiger Beschäftigung, befristeten Arbeitsverhältnissen, Werkverträgen, Leiharbeit, aber auch Praktika. Diese nehmen auf dem deutschen Arbeitsmarkt verstärkt Raum ein.
Wie muss die Politik darauf reagieren?
In den Fällen, wo Leiharbeit, Werkverträge, Minijobs oder Praktika gute und sichere Normalarbeitsverhältnisse verdrängen, gilt es gegenzusteuern. Es kann nicht angehen, dass Leiharbeit als Dauerinstrument der Personalpolitik eingesetzt wird, unter dem Deckmantel eines Praktikums in Wahrheit echte Arbeitsleistung eingefordert wird - nur ohne die Zahlung des entsprechenden Arbeitsentgelts. Und es darf nicht sein, dass Normalarbeitsverhältnisse durch Minijobs abgelöst werden und Werkvertragskonstruktionen mit dem Ziel des Lohndumpings eingesetzt werden. Deshalb ist dieser Entschließungsantrag notwendig und richtig.
Sie fordern gleichen Lohn für gleiche Arbeit, insbesondere für Leiharbeiter. Bestehende Tarifverträge für Zeitarbeiter könnten damit ungültig werden. Warum wollen Sie es nicht allein den Gewerkschaften überlassen, angemessene Löhne durchzusetzen?
Im Bereich der Entlohnung sind im Vergleich von Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern zur Stammbelegschaft massive Einkommensgefälle selbst im Bereich der Hochqualifizierten festzustellen. Diese Einkommensgefälle wurden durch die für manche Branchen geltenden Tarifverträge, welche Zuschläge für die Leiharbeit vorsehen, in großen Teilen nicht vollständig nivelliert. Zwar wird durch die Branchenzuschläge ein höherer Entgeltstandard erzielt. Der Abstand zum Grundsatz des equal pay in der Leiharbeit wird jedoch lediglich verkleinert. Zudem finden die Zuschläge nicht in allen Branchen Anwendung. Wir wollen, dass die Menschen, die die gleiche Beschäftigung ausüben, auch gleich entlohnt werden. Um ein Lohndumping im Bereich der Leiharbeit effektiv zu verhindern, muss die vorbehaltlose Geltung des equal-pay-Grundsatzes („Gleiche Arbeit – Gleiches Geld“) sichergestellt werden.
Im Bundesrat haben die rot-grün regierten Länder eine Mehrheit. Aber im Bundestag dominieren Union und FDP. Welchen Erfolg verspricht die SPD sich von der Initiative?
Wir bringen Initiativen in den Bundesrat ein, weil wir von deren Inhalten und Wirkung überzeugt sind. Mit dem Entschließungsantrag „Gute Arbeit - Zukunftsfähige und faire Arbeitspolitik gestalten“ wollen wir genau das tun, was der Antrag aussagt. Wir wollen unseren Arbeitsmarkt für die Zukunft fit machen und faire Arbeitsbedingungen garantieren. Gute und richtige Ziele bleiben gut und richtig, auch wenn die Partei, von der die Initiative hierzu ausgeht, derzeit keine Regierungsverantwortung inne hat. Hätten wir das, wäre die Arbeitsmarktpolitik in Deutschland längst eine andere.
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arbeitet als Redakteur für die DEMO – die sozialdemokratische Fachzeitschrift für Kommunalpolitik.