Lockdown: Warum es für Eltern und Kinder wichtig ist, dass Schulen und Kitas geöffnet bleiben
Florian Gaertner/photothek.net
Ministerpräsident*innen und Bundesregierung haben am Mittwoch entschieden, dass Schulen und Kindergärten trotz stark steigender Corona-Zahlen auch im November verlässlich geöffnet bleiben sollen. Ihre Elterninitiative begrüßt das sehr. Warum?
Aus Sicht von Familien und Kindern werten wir die Entscheidung, dass Einrichtungen jetzt nicht pauschal geschlossen werden, als positiv. Sie folgt auch der Erkenntnis aktueller Studien, wonach Kinder nicht die Treiber der Infektionen sind. Familien waren ja dieses Jahr bereits besonderen Belastungen ausgesetzt. Es gibt viele, die jetzt erst merken, dass sie sich seit dem Frühling überhaupt nicht mehr erholen konnten. Eltern sind immer aber auch relevante Erwerbstätige in Deutschland, die nicht einfach ausfallen dürfen, weil sie sich um ihre Kinder kümmern müssen. Dem wird mit dieser Entscheidung ein Stellenwert eingeräumt. Auch das bewerten wir als positiv. Die Bildung der Kinder, vor allem die soziale Bildung, ist aber auch ein besonders wichtiger Faktor. Natürlich muss das mit richtigen Konzepten und einem Schutz für Lehrer*innen und Erzieher*innen einhergehen.
Was braucht es aus ihrer Sicht an Unterstützung?
Nehmen wir als Beispiel die Diskussion um die Luftfilter. Wir sind zwar keine Wissenschaftler*innen, doch erste Studien zeigen, dass diese Luftfilter nützlich sind. Daraufhin gab es Klassenverbände, die vorgeschlagen haben, einen Luftfilter aus der Klassenkasse zu kaufen. Am Ende durften sie das aber nicht, weil es von Schulbehörde untersagt wurde.
Die bürokratischen Hürden sind also derzeit zu hoch?
Man müsste den Schulen mehr zutrauen und ihnen die Verantwortung übergeben, damit sie in der Krise schnell eigenständig handeln können. Am Ende weiß doch die Schulleitung am besten, was ihre Schule braucht und was nicht. Wobei wir durchaus verstehen, dass die Politik auch hier die Aufgabe hat, dafür zu sorgen, dass es keine zu großen Ungleichheiten zwischen den Schulen geben darf, nur weil die eine Leitung engagierter ist als die andere. Für Schulen, in denen die Klassenverbände vielleicht nicht die Möglichkeit haben, Luftfilter zu kaufen, muss es eben staatliche Unterstützung geben. Aber staatliche Interaktion in Form von Hürden hilft uns in diesen Zeiten nicht weiter und ist für alle Beteiligten frustrierend.
Welche Erfahrungen machen Sie mit der Digitalisierung an den Schulen?
Zunächst einmal vorab: Wir Eltern sind kein ausgebildetes pädagogisches Personal. Und es wurde für die Digitalisierung der Schulen in der Vergangenheit zu wenig getan. Noch immer können die meisten Schulen nicht zwischen digitalem und Präsenzunterricht hin und her wechseln. Wir von „Eltern in der Krise“ würden es auch begrüßen, wenn hier je nach Alter differenziert wird. Es gibt ältere Kinder, die digital schon sehr gut unterrichtet werden können. Aber Kindern in der ersten Klasse, denen beigebracht werden muss, wie sie ihren Stift gut halten, kommen im digitalen Unterricht schnell an ihre Grenzen – außerdem müssen sie zu Hause beaufsichtigt werden.
Wie könnten sich Eltern in dieser Situation mehr einbringen?
In dieser schwierigen Situation kann es hilfreich sein, Elternbeiräte noch mehr einzubinden oder einen freiwilligen Elterndienst ins Leben zu rufen. Es wird vieles auf dem Rücken von Direktor*innen und Lehrer*innen ausgetragen, die Schulleitung oft alleine gelassen. Mütter und Väter könnten beispielsweise helfen, die Hygienekonzepte umzusetzen, indem sie im Rahmen eines Freiwilligendienstes beim Händewachen der Grundschüler*innen helfen oder Pausen beaufsichtigen. Sollte es irgendwann Corona-Schnelltests geben, könnten wir auch da helfen. Eltern haben ein großes Interesse daran, dass Kitas und Schulen geöffnet bleiben, das könnte man nutzen.
Was wünschen Sie sich für die nahe Zukunft?
Für uns zählt, dass die Entscheidung nicht nur ein Lippenbekenntnis ist, sondern die Bundesländer alles daran setzen, damit Kinder und Familien nicht zu den Verlierern dieser Krise werden. Dabei geht es nicht nur um die Entlastung der Eltern, auch für die Kinder bedeutet es viel, dass sie in der Schule oder in der Kita sind. Das gibt ihnen Struktur. Das kann nicht jede Familie gleich gut leisten. Umso wichtiger ist es, dass Kitas und Schulen verlässlich geöffnet bleiben. Deshalb begrüßen wir diese Entscheidung und fordern von den Ländern, dass sie das, was die Regierung beschlossen hat, auch umsetzen.
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hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.