Lernen für die Brennpunktschulen: London als Beispiel für Berlin
Von Best-Practice-Modellen für unsere Stadt lernen. Mit diesem Anspruch sind wir am 25. April von Berlin nach London aufgebrochen. Teil unseres umfangreichen Programms waren Gespräche mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Vertreterinnen und Vertretern aus dem Londoner Bildungsbereich sowie dem Labour Fraktionsvorsitzenden in der London Assembly, Len Duvall, und Mitgliedern der Londoner Regierung. Der Austausch in Fragen von Bildung und Integration stand für uns dabei im Mittelpunkt.
Parallelen zwischen London und Berlin
Besonders von Interesse war für uns in Anbetracht der bildungs- und sozialpolitischen Parallelen zwischen London und Berlin die sogenannte London Challenge. Nachdem Londons Sekundarschulen in der britischen OFSTED (Office for Standards in Education, Children's Services and Skills) Schulinspektion im Jahr 2002 miserable Ergebnisse erzielt hatten, mussten vor allem für die Schulen in den sozialen Brennpunkten Maßnahmen ergriffen werden.
Den öffentlichen Schulen in Englands Hauptstadt eilte damals ein schlechter Ruf voraus und der Anteil an Privatschülerinnen und Privatschülern war beinahe doppelt so hoch wie im landesweiten Durchschnitt (London: 13 Prozent, Großbritannien: sieben Prozent). Um der Abwärtsspirale entgegenzuwirken, wurde die London Challenge als Programm, zunächst vorgesehen von 2003 bis 2008 (später ausgeweitet und bis 2011 verlängert), aufgesetzt.
Schulen sollen voneinander lernen
Wie die avisierten Maßnahmen der London Challenge vorbereitet und umgesetzt wurden, haben wir uns von den beiden ehemaligen Londoner Schulkommissaren Tim Brighouse und David Woods, die sich für die unterschiedlichen Phasen des Programms verantwortlich zeichnen, veranschaulichen lassen: mittels Datenauswertung und evidenzbasierter Methoden wurden die Londoner Schulen in verschiedene „Familien“ einsortiert. Mitglieder dieser Familien waren jeweils Schulen, deren Schülerinnen und Schüler ähnliche soziale Ausgangsvorausset-zungen vorwiesen.
Ziel war es, ein System zu schaffen, welches das Bildungsniveau durch die Zusammenarbeit der Schulen und das gegenseitige Lernen steigern sollte: Schulen, die in den Inspektionen dürftig abgeschnitten haben, wurden dazu angehalten, von Schulen mit ähnlichen Ausgangsbedingungen, die bessere Ergebnisse erzielten, zu lernen.
Unterdurchschnittlich abschneidende Schulen wurden dabei bewusst nicht als Problemfälle stigmatisiert. Sie wurden als „keys to success“ („Schlüssel zum Erfolg“) bezeichnet und dadurch motiviert, ihre Leistungen (unterstützt von ihnen zur Seite gestellten „London Challenge Bera-tern“) zu verbessern.
Auf dem Weg zur „Berlin Challenge“
Auch in den Folgegesprächen mit Wissenschaftlern wie Alan Boyle („Big City School Reforms“) und Akteuren aus Politik und Praxis wurde der Erfolg des Programms unterstrichen: die Londoner Schülerinnen und Schüler, vor allem in ärmeren Stadtteilen, haben ihre Leistungen deutlich verbessern können.
Was also nehmen wir aus London für Berlin mit? Wir fühlen uns mit dem aktuellen Ansatz bestätigt, dass sich die Schul- und Unterrichtsentwicklung viel stärker anhand konkreter Daten orientieren müssen. Berliner Schulen werden künftig mit der Schulaufsicht konkrete Schulverträge abschließen und sich zu konkreten Entwicklungszielen bekennen. Wir wollen beste Schulen in schwieriger Lage und der datenbasierte Schulentwicklungsprozess ist der richtige Weg dahin. London zeigt uns die notwendigen Gelingensbedingungen: starke Schulleitungen, gute Vernetzung mit erfolgreichen Schulen und klare Ziele, die auch mit Ressourcen unterfüttert werden. Dies muss unser Weg sein, um unsere „Berlin Challenge“ erfolgreich in Angriff zu nehmen.