Landtagswahl: Im Saarland bleibt alles beim Alten
Die Umfragen ließen ein knappes Rennen bei der Landtagswahl im Saarland erwarten. Doch die Institute haben sich geirrt. Stattdessen bewahrheitete sich einmal mehr die alte Erfahrung, dass ein beliebter Regierungschef auf Landesebene kaum zu schlagen ist.
SPD mehr als zehn Prozentpunkte hinter der CDU
Die CDU von Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer liegt nach vorläufigem amtlichen Endergebnis mit über 40,7 Prozent (plus 5,5) klar vorn. Die SPD mit Anke Rehlinger liegt 29,6 Prozent (minus 1,0) wie bisher auf dem zweiten Platz. Auf den dritten Platz kommt Die Linke mit 12,9 Prozent (minus 3,2). Grüne und FDP scheitern mit 4,0 und 3,3 Prozent beide klar an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern. Die AFD schafft mit 6,2 Prozent erstmals den Sprung in den Landtag.
SPD-Chef Martin Schulz räumte im ZDF offen ein, dies sei „kein schöner Abend“ für die SPD, er habe sich „mehr erhofft“. Schulz gratulierte der CDU-Ministerpräsidentin und sprach von einem „Kramp-Karrenbauer-Effekt“ im Saarland. Zugleich betont er, die SPD habe „kräftig aufgeholt“: Im Januar habe sie bei 24 Prozent gelegen, nun stehe sie bei fast 30 Prozent. Die SPD habe viele Wähler aus dem Nichtwählerbereich zurückgewonnen. Schulz freute sich über den Anstieg der Wahlbeteiligung um fast zehn Prozentpunkte (von 61,1 auf 69,7). So sei es gelungen, die AfD nach unten zu drücken.
Martin Schulz: SPD ist „eine kampfstarke Truppe“
Der SPD-Kanzlerkandidat erinnerte daran, „Bundestagswahlkämpfe sind Langstreckenläufe und keine Sprints“. Bis zur Bundestagswahl seien es noch sechs Monate. Bis dahin gebe es in NRW und Schleswig-Holstein zwei Wahlen, in denen die SPD mit sehr populären Amtsinhabern antrete. Deshalb zeigte er sich für das Wahljahr „optimistisch“.
Voraussetzung sei allerdings, dass die SPD ihre Geschlossenheit bewahre. Das könne man „von den Wettbewerbern“, gemeint waren CDU und CSU, „nicht sagen“. Die SPD sei dagegen „eine kampfstarke Truppe“.
Anke Rehlinger: Wahlziel leider nicht erreicht
SPD-Spitzenkandidatin Anke Rehlinger bedauerte das Abschneiden ihrer Partei im Saarland. Die SPD habe zwar eine Aufholjagd hingelegt, ihr Wahlziel aber leider nicht erreicht. Sie verwies auf den Trend, dass der Amtsinhaber im Endspurt vor der Wahl oft einen Bonus von den Wählern bekomme. Die SPD habe im Wahlkampf auf Themen gesetzt, und das seien auch „die richtigen Themen“ gewesen.
SPD-Generalsekretärin Katarina Barley räumte in der ARD offen ein, „wir hatten gehofft, stärkste Partei zu werden“. Es habe auf den letzten Metern eine „ganz starke Polarisierung“ gegeben. „Es gab ja im Grunde genommen nur zwei Möglichkeiten, entweder es gibt eine große Koalition, oder es gibt Rot-Rot“, sagte sie. „Die, die die große Koalition wollten, haben CDU gewählt, und die, die Rot-Rot wollten, haben die Linken gewählt.“ Barley sagte zum Schulz-Effekt, man müsse fair bleiben: „Als Martin Schulz auf den Plan trat, da lagen wir noch fünf bis sechs Punkte hinter diesem Ergebnis.“
Auch der saarländische SPD-Landesvorsitzende Bundesjustizminister Heiko Maas wies in der ARD darauf hin, dass die Saar-SPD zu Beginn des Jahres noch bei 24 Prozent gelegen habe. Dass die Partei nun in den 30-Prozent-Bereich vorgestoßen sei, sei durchaus ein Erfolg.
Willy-Brandt-Haus: Wahlabend anders als erwartet
Als um Punkt 18 Uhr die Prognosen auf den Bildschirmen im Willy-Brandt-Haus erscheinen, ist den Anhängern der SPD sofort klar: Dieser Wahlabend läuft anders als erwartet. Ungläubig schaut man auf die Zahlen.
Eigentlich ist Moritz Scholz (16) aus Berlin-Dahlem zum Feiern ins Willy-Brandt-Haus gekommen. „Ich erwarte einen Sieg“, sagt er – vor 18 Uhr. Dennoch: Trotz der Enttäuschung, er vertraut weiter auf den Schulz-Effekt. „Alle freuen sich über Martin Schulz“, beschreibt er die Stimmung in der Partei, der er seit einem Jahr angehört.
Geteilte Meinungen zu großer Koalition
Auch Andreas Klusch (31) aus Berlin-Mariendorf zeigt sich enttäuscht über den Wahlausgang. „Ich bin kein Fan der großen Koalition“, stellt er klar. Man müsse aus dem Wahlergebnis lernen für die nun vor der SPD liegenden Wahlkämpfe. Er wünscht sich, dass Martin Schulz Zeit für seine Inhalte gegeben wird, die auf dem SPD-Parteitag im Juni beschlossen werden sollen.
Bianca Ehlert (69) aus Falkensee bei Berlin ist eigentlich auch zum Feiern ins Willy-Brandt-Haus gekommen. Bisher war sie „eine klassische Karteileiche“. Aber seit Martin Schulz die SPD führt, ist das anders. Sie war bereits im Willy-Brandt-Haus, als Schulz seine Kandidatur bekanntgab. Die „grenzenlose Begeisterung“ dieses Tages wiederholt sich an diesem Wahlabend leider nicht. Eine Fortsetzung der großen Koalition im Saarland ist für Bianca Ehlert „aber keine Katastrophe“.
„Ein bisschen mehr erwartet“
Stefan Grönebaum (55), Sozialdemokrat aus Düsseldorf, zeigt sich von den Prognosen ernüchtert. Er hatte darauf gehofft, „dass CDU und SPD dicht beieinander liegen“. Er gibt zu bedenken, dass es in der Bundesrepublik traditionell schwierig sei, einen populären Ministerpräsidenten abzulösen. Wenn die SPD nun Juniorpartner der CDU bleibe, sei dies „schon eine Enttäuschung“. Er habe „ein bisschen mehr erwartet“. Damit dürfte er den meisten Gästen an diesem Abend im Willy-Brandt-Haus aus dem Herzen sprechen.