Landtagswahl in Hessen: CDU klar vorne, SPD bei 15 Prozent
IMAGO/dts Nachrichtenagentur
Mehr als vier Millionen Wahlberechtigte sind am Sonntag in Hessen aufgerufen gewesen, einen neuen Landtag zu wählen. In dem Bundesland, das über viele Jahrzehnte sozialdemokratisch geprägt war, regiert die CDU inzwischen seit fast 25 Jahren, seit 2014 in einer Koalition mit den Grünen. Die SPD mit Nancy Faeser als Spitzenkandidatin war angetreten, diese Phalanx zu durchbrechen und in die Staatskanzlei zurückzukehren. Für Bundesinnenministerin Faeser, die 18 Jahre lang dem Landtag angehörte, wäre es auch die Rückkehr in ihre Heimat gewesen – als erste hessische Ministerpräsidentin.
Doch nach dem vorläufigen Endergebnis ist klar: Daraus wird nichts. Demnach wird die regierende CDU deutlich stärkste Kraft. Sie kommt auf 34,6 Prozent. Ministerpräsident Boris Rhein könnte als das Zweierbündnis mit den Grünen weiterführen. Sein bisheriger Koalitionspartner kommt auf 14,8 Prozent. Das reicht für die Partei allerdings nicht, um nach 2018 erneut zweistärkste Kraft im Landtag zu werden. Das wird mit 18,4 Prozent die AfD erstmals in einem westdeutschen Parlament. Die SPD erreicht mit 15,1 Prozent ihr historisch schlechtestes Ergebnis in Hessen. Knapp den Einzug in den Landtag geschafft hat die FDP mit 5 Prozent. Die Linke und die Freien Wähler verpassen diesen mit jeweils 3 bis 3,5 Prozent.
Kühnert: „Faeser hat unseren klaren Rückhalt als Bundesinnenministerin“
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sagte um kurz nach 18 Uhr in der Parteizentrale in Berlin: „Wir sind heute Abend ausdrücklich nicht die Wahlsieger. Es ist für uns ein bitterer Abend.“ Zugleich machte er mit Blick auf das bundespolitische Amt von Nancy Faeser deutlich: „Die Menschen in Hessen haben heute ein landespolitisches Votum abgegeben. Wir hätten uns ein anderes Ergebnis gewünscht, aber damit ist nichts über die Bilanz der Bundesinnenministerin Nancy Faeser gesagt.“ Kühnert verwies darauf, dass seine Parteikollegin erfolgreich im Bemühen um ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem (GEAS) und stark im Kampf gegen Rechtsradikale sei. An dieser Zwischenbilanz habe sich nichts geändert. Deswegen machte er deutlich: „Sie hat unseren klaren Rückhalt als Bundesinnenministerin.“
Faeser selbst gab um 18.30 Uhr ein erstes Statement ab. „Wir haben uns erhofft, dass wir eine Landesregierung anführen können. Wir sind leider mit unseren Themen zu einem sozialeren Hessen mit bezahlbarem Wohnraum, mit einer guten Gesundheitsversorgung vor Ort und der Frage der Sicherung von Jobs in der Zukunft leider überhaupt nicht durchgedrungen. Deswegen ist es ein sehr enttäuschendes Ergebnis“, sagte sie. Zugleich sprach sie den sozialdemokratischen Wahlkämpfer*innen ihren Dank aus: „Was ich vor Ort gesehen habe, war wirklich stark. Das zeichnet diese starke SPD in Hessen auch aus. Ihr habt so stark gekämpft. Für euch tut es mir am meisten leid.“ Das Ergebnis sei nach den jüngsten Umfragen „nicht ganz so überraschend, aber sehr enttäuschend“.
Mansoori und Gremmels: Wir werden Partei und Fraktion neu aufstellen
In einer Erklärung der beiden SPD-Bezirksvorsitzenden – Kaweh Mansoori für Süd- und Timon Gremmels für Nordhessen, die um 18.10 Uhr bereits per E-Mail an die Mitglieder verschickt wurde, hieß es: „Unser eigenes Wahlergebnis schmerzt und enttäuscht. Daran gibt es nichts zu relativieren. Wir haben uns mehr vorgenommen. Nicht unseretwegen, sondern um soziale Politik für die Menschen in Hessen zu machen.“ Zugleich zeigten sich Mansoori und Gremmels überzeugt, „dass es in unserem Hessen Mehrheiten gibt für eine Politik, die das Gemeinwohl in den Mittelpunkt stellt“. Das in den Mittelpunkt der Wahlauseinandersetzung zu stellen, sei der Hessischen SPD trotz ermutigender kommunaler Wahlerfolge wieder nicht gelungen. Daher kündigten sie an: „Wir werden das Wahlergebnis in jeder Einzelheit aufarbeiten.“
Falls es für die Regierungsbildung auf die hessische SPD ankomme, trage die Partei eine Verantwortung gegenüber dem Land und den Wähler*innen. „Wir werden dieser Verantwortung auch nachkommen. Denn soziale Politik gibt es nur mit der SPD. Unsere Landesvorsitzende hat unsere vollste Rückendeckung, diesen Prozess in die Hand zu nehmen“, kündigten die beiden Bezirksvorsitzenden an und machten zugleich mit Blick auf die Zukunft deutlich: „Den Wettbewerb um die Führung der Staatskanzlei ab 2028 nehmen wir jetzt schon an. Gemeinsam mit euch werden wir uns dafür in den nächsten fünf Jahren in Partei und Fraktion neu und anders aufstellen, inhaltlich aber auch personell. Wie bisher werden wir uns dabei eng zwischen dem Norden und dem Süden abstimmen. Das macht uns stark.“ Der Anspruch bleibe, die führende politische Kraft links der Mitte in Hessen zu sein.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo