Kündigung wegen Streiks? SPD-Abgeordnete legt sich mit Ryanair an
Seit Monaten gibt es einen Tarifstreit zwischen der irischen Billigfluglinie Ryanair und Gewerkschaften in mehreren Ländern Europas. Einige Flugbegleiter hatten deshalb zuletzt im September die Arbeit niedergelegt. Die Dienstleistungsgewerkschaft verdi fordert eine deutlich bessere Bezahlung der Flugbegleiter sowie Arbeitsbedingungen nach deutschem Recht. Zwar teilten beide Seiten Anfang November mit, man habe sich auf die Grundzüge eines Tarifvertrags verständigt, doch denen, die dafür gekämpft haben, könnte ihr Einsatz teuer zu stehen kommen.
Flugbegleitern den Rücken stärken
So wurden drei Flugbegleiter aus Berlin in der vergangenen Woche in die Firmenzentrale nach Dublin zitiert. Gründe wurde ihnen nicht genannt, doch die Frau und zwei Männer befürchteten, dort ihre Kündigung zu erhalten – mutmaßlich, weil sie sich an mehreren Streikaktionen beteiligt hatten. Immerhin mussten die drei nicht allein reisen: Die Berliner SPD-Bundestagsabgeordnete Cansel Kiziltepe stieg mit ins Flugzeug, um ihnen den Rücken zu stärken.
Zunächst schien es, als ob der Einsatz Kiziltepes Erfolg gehabt hätte: Zwar durfte sie nicht am Gespräch teilnehmen, doch habe dies in deutlich freundlicherer Atmosphäre stattgefunden als in solchen Situationen üblich, erklärte sie im Anschluss in einem Video auf ihrer Facebook-Seite.
Umgehung von Arbeitnehmerrechten als Geschäftsmodell
Die Ernüchterung folgte am Mittwoch dieser Woche. Der Flugbegleiterin wurde ohne weitere Anhörung gekündigt, wie Cansel Kiziltepe am Donnerstag auf ihrer Facebookseite mitteilte. „Sie hatte ursprünglich einen weiteren Termin für heute in Dublin. Dazu ist es erst gar nicht gekommen.“ Die Bundestagsabgeordnete übt deshalb scharfe Kritik an der Billig-Fluglinie: „Ryanair bewegt sich im rechtsfreien Raum und hält sich nicht an deutsches und EU-Recht.“
Aus Kiziltepes Sicht ist die Kündigung der Flugbegleiterin daher rechtswidrig. „70 Prozent der Ryanair-Beschäftigten in Deutschland sind Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter, ohne dass Ryanair eine Lizenz für Arbeitnehmerüberlassung hat“, sagt sie. Sie werde dies über das Bundesfinanzministerium durch den Zoll überprüfen lassen. „Es kann nicht sein, dass das Hauptgeschäftsmodell international tätiger Unternehmen die Umgehung von Arbeitnehmerrechten ist.“
Doch auch wenn Cansel Kiziltepe der Flugbegleiterin direkt nicht helfen konnte, scheint sich ihr Einsatz gelohnt zu haben. So hatte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil als Reaktion auf ihre Unterstützung der Ryanair-Mitarbeiter eine Betriebsratsgarantie auch für Luftfahrtunternehmen angekündigt. Diese hat die Bundesregierung am 15. November auf den Weg gebracht.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.