Gewalt und Terror von Rechts wird von Behörden und Sicherheitsorganen nach wie vor verharmlost und zu wenig beachtet.
Den Titel „Das Kartell der Verharmloser“ trägt eine Broschüre, die am Dienstag in der Amadeu-Antonio-Stiftung in Berlin vorgestellt wurde. Worum es dabei geht, macht bereits die Unterzeile deutlich: „Wie deutsche Behörden systematisch rechtsextremen Alltagsterror bagatellisieren“. Exemplarisch geschildert wird in der Broschüre anhand von Beispielen aus hauptsächlich mittleren und kleinen Städten in mehreren Bundesländern, wie Opfer rechter Gewalttaten von den Sicherheitsorganen allein gelassen, die Arbeit zivilgesellschaftlicher Gruppen nicht anerkannt, häufig gar noch erschwert werde. Auch würden bei Straftaten von Rechtsextremisten ermittelnde Beamten häufig einem solchen Hintergrund trotz eindeutiger Indizien gar keine Beachtung schenken, ihn verharmlosen. Die fehlende Sensibilisierung bei Polizei und Ermittlungsbehörden im Hinblick auf rechtsextreme Strafen, ziehe sich „wie ein roter Faden durch die Republik“, wird in der Broschüre festgestellt.
Marion Kraske, die Verfasserin des Reports, betont, dass es in vielen deutschen Städten eine „Kultur des Wegschauens“ gebe. Wer das Nazi-Problem offen anspreche, treffe häufig auf Abwehr, werde als „Nestbeschmutzer“ diffamiert. Anetta Kahane, die Vorsitzende der Amadeu-Antonio-Stiftung, beklagt, dass große Teile Ostdeutschlands heute immer noch eine „No-Go-Area“ für Menschen mit nicht weißer Hautfarbe und Migranten darstellen würden. Diese Drohkulisse hätten Rechtsextremisten vor 20 Jahren aufgebaut und sie habe gehalten, so Kahane. Sie bezeichnet es als einen Skandal, dass der politische Wille nicht aufgenommen wurde, um diesen Zustand zu ändern. Gebraucht werde hier eine viel größere Anstrengung der Bundesregierung. Aber auch die Abgeordneten des Deutschen Bundestags müssten sich vor Ort viel stärker mit Rechtsextremismus auseinandersetzen.
Nach dem Bekanntwerden der rechtsterorristischen Mordserie des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ haben die im Bundestag vertretenen Fraktionen am 22. November vergangenen Jahres einstimmig beschlossen, „gerade jetzt alle demokratischen Gruppen (zu) stärken, die sich gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus engagieren“. Geprüft werde, „wo dem Hindernisse entgegenstehen“. Gebraucht werde eine „gesellschaftliche Atmosphäre, die ermutigt, gegen politischen Extremismus und Gewalt das Wort zu erheben “, heißt es in der Entschließung des Bundestags. Und dieser Beschluss des Bundestags solle auch umgesetzt werden, hält Timo Reinfrank von der Amadeu-Antonio-Stiftung bei der Vorstellung des Reports „Das Kartell der Verharmloser“ abschließend fest.
Die Broschüre zum downloaden