Kühnert zur Ukraine: „Jeden Tag klebt mehr Blut an Putins Händen“
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Der Ukraine-Krieg steht am Montag im Mittelpunkt der virtuellen Sitzung des SPD-Präsidiums, so Generalsekretär Kevin Kühnert im Anschluss auf einer Pressekonferenz im Willy-Brandt-Haus. „Wir alle sind geprägt von den Bildern, die wir fortwährend sehen“ betont Kühnert. „Die Brutalität – das ist offensichtlich – schreitet voran.“ Von präzisen Angriffen des russischen Militärs, wie sie vom Kreml behauptet werden, könne keine Rede sein. Die Zivilbevölkerung sei in vielfältiger Weise „getroffen und betroffen“ vom Kriegsgeschehen. Viele Menschen hätten so auch keine Möglichkeit mehr, die Ukraine zu verlassen, etwa Frauen, Kinder und Ältere. Viele Fluchtwege seien versperrt. „Das ist eine humanitäre Katastrophe“, so der SPD-Generalsekretär. „Das Blut, das an den Händen von Herrn Putin klebt, das wird von Kriegstag zu Kriegstag mehr. Und das ist Blut, das Zeit seines Lebens von diesen Händen auch nicht mehr abgewaschen werden kann.“
Die Konsequenz daraus ist für Kühnert klar: „Wir sind weiterhin in der humanitären Verpflichtung, alles Menschenmögliche zu tun“, um dem ukrainischen Volk zu helfen, „das Leid zu lindern“ und „das Kriegsgeschehen nicht weiter sich ausbreiten zu lassen“. Genau das tue die Bundesregierung, sowie alle anderen Akteur*innen auf Landes- und Kommunalebene. Kühnert lobte die Kooperationen zahlreicher Landkreise mit Partnerkreisen in Polen und der Ukraine, die vielfältig und „auf ganz kleinteilige und wunderbare Art und Weise“ Hilfe leisteten. „All das ist wichtig und notwendig in diesen Tagen.“
Bundeskanzler Olaf Scholz in Ankara
Wichtig sei auch, dass die Bundesregierung ihre diplomatischen Bemühungen zur Eindämmung des Krieges fortsetze. Bundeskanzler Olaf Scholz werde sich heute bei seinem Antrittsbesuch in Ankara dafür einsetzen. „Jedes Gespräch, das im Moment die Einigkeit der internationalen Gemeinschaft gegen das Kriegshandeln von Putin zum Ausdruck bringt, ist ein gutes Gespräch“, so Kühnert. Deshalb werde über alle anderen Meinungsverschiedenheiten zwischen Berlin und Ankara hinweg das Gespräch des Kanzlers wichtig sein. Positiv sei auch, dass die Gespräche zwischen Russland und der Ukraine weitergingen. Dass Kiew überhaupt bereit sei zu solchen Verhandlungen, spreche für die große Stärke von Regierung und Bevölkerung der Ukraine.
Das SPD-Präsidium hat sich laut Kühnert auch mit den Energiepreisen in Deutschland und Europa beschäftigt. Der Zusammenhang zum Ukraine-Krieg sei offensichtlich. Wenn heute in der deutschen Politik über Ölembargos gegen Russland gesprochen würde, sei es der SPD sehr wichtig, „dass wir dann auch wahrhaftig sind und den Leuten reinen Wein einschenken“, was ein solches Embargo tatsächlich bedeuten würde.
Kühnert will ehrliche Debatte über Ölembargo
Der Slogan „Frieren für die Freiheit“, der gegenwärtig die Runde mache, ärgere ihn, betont der SPD-Generalsekretär. Denn dieser Spruch sei „Teil einer unehrlichen öffentlichen Diskussion“. Zum einen, weil er von vielen „mit sehr überdurchschnittlichen Einkommen“ propagiert werde, die von Preissteigerungen deutlich weniger spürten als mittlere oder kleinere Einkommensbezieher*innen. Zum anderen, weil er den Eindruck vermittele, dass bei einer möglichen Energiearmut „als erstes Privathaushalte die Heizung herunter drehen müssten“.
So sei es aber nicht. Für den Fall einer möglichen Energieknappheit gebe es in Deutschland Pläne und Vorgaben. Und danach wären „nicht zwingend notwendige industrielle Produktionen“ dann „das erste, was betroffen ist“. Wer das wolle, müsse das auch ehrlich benennen. Der Satz laute dann nämlich nicht „Frieren für die Freiheit“, sondern „Kurzarbeit für die Freiheit“ oder auch „Insolvenzen für die Freiheit“. Das alles „muss dann schon so ehrlich auch ausgesprochen werden“, fordert der SPD-Generalsekretär. „Und es ist mir wichtig in diesen Tagen, dass wir uns da in der Bundesrepublik gegenseitig nichts vormachen.“
Menschen bei Energiekosten spürbar entlasten
Um das Thema Entlastung der Bürger*innen bei den Energiepreisen werde es am Mittwoch bei der Sitzung des Bundeskabinetts gehen. Hier werde es eine Verständigung der Ampelparteien SPD, Grüne und FDP geben, auch im Zusammenhang mit der Verabschiedung des Bundeshaushalts durch das Kabinett. „Ich nehme eine komplette Einigkeit unter den Ampel-Parteien wahr, dass noch in dieser Woche konkrete, messbare, spürbare Entscheidungen getroffen werden müssen, wie wir zu Entlastungen kommen.“
Dabei werde die Ampel-Koalition „nicht einfach dem erstbesten Vorschlag hinterherlaufen, der von irgendeinem Ministerpräsidenten der CDU der gerade Angst um sein Wahlergebnis hat, gemacht wird“. Gemeint ist der saarländische Regierungschef Tobias Hans, dem aktuelle Umfragen eine Wahlniederlage prognostizieren. Kühnert macht klar: Es werde ein Vorschlag vorgelegt, der nicht die Mineralölwirtschaft subventioniere, sondern „der nachweislich Menschen konkret und spürbar entlastet“.