Kritik der SPD an Abschiebungen nach Afghanistan wächst
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Die SPD-Innenpolitikerin Eva Högl hat den Start sogenannter Sammelabschiebungen nach Afghanistan kritisiert und ihre Aussetzung gefordert. Im Interview mit dem „Deutschlandfunk“ bezeichnete Högl den Zeitpunkt der Abschiebungen als „sehr kritisch“. Die Bundestagsabgeordnete begründete ihr Urteil unter anderem damit, dass erst am Donnerstag des Mandat für den Auslandseinsatz der Bundeswehr in Afghanistan verlängert worden war und im Zuge dessen klar geworden sei, dass es sich um ein unsicheres Land handele, in dem gekämpft werde.
Högl: Mehrheit der SPD gegen Abschiebungen
„Abschiebungen nach Afghanistan sind hochproblematisch“, sagte Högl weiter und bezog sich dabei auf die aktuelle Schutzquote von 55 Prozent für Flüchtlinge aus Afghanistan. Jeder zweite aus Afghanistan stammende Flüchtling dürfe dementsprechend in der Bundesrepublik bleiben. Högl sprach sich dafür aus, Rückführungen nach Afghanistan zurückzustellen und erklärte, ihrer Einschätzung nach vertrete eine Mehrheit der SPD im Bundestag diese Haltung.
Passend dazu erklärte Fraktionskollege Marco Bülow über den Kurznachrichtendienst Twitter:
Lars Castellucci, ebenfalls Fraktionskollege Högls, sagte während einer Plenardebatte im Bundestag: „Die Sammelabschiebung von Mittwoch halte ich für hochproblematisch. Läge sie in meiner Verantwortung, ich hätte sie nicht veranlasst.“
Zuvor hatte Frank Schwabe, Sprecher für Menschenrechte der SPD-Bundestagsfraktion, die Abschiebepläne als „absurd“ bezeichnet (vorwärts.de berichtete). Schwabe nannte die Abschiebungen „Aktionen, die aus rein symbolischen abschreckenden Gründen durchgeführt werden“ und erklärte, diese seien mit menschenrechtlichen Ansprüchen nicht vereinbar.
Abschiebung trotz starker Proteste
Nachdem die Pläne über sogenannte Sammelabschiebungen nach Afghanistan Anfang Dezember bekannt gewordenen waren, hob am Mittwoch die erste Maschine mit afghanischen Flüchtlingen an Bord in Richtung Kabul ab. Hunderte Menschen demonstrierten am Frankfurter Flughafen gegen die Maßnahme, konnten die Abschiebung der 34 abgelehnten Asylbewerber jedoch nicht verhindern. Proteste gegen die geplanten Abschiebungen hatte es auch am Wochenende zuvor gegeben. In Berlin gingen dabei bis zu 1500 Menschen auf die Straße.
Der Bundestag berät am Freitag über die Situation abgelehnter Flüchtlinge aus Afghanistan. Die Fraktion Die Linke hat einen Antrag auf einen Abschiebestopp und Schutz für Flüchtlinge aus Afghanistan eingebracht. Die Grünen beantragen einen Schutz für Flüchtlinge aus Afghanistan.