Inland

Kritik an der Festnahme von Ahmed Mansour

Die zwischenzeitliche Festnahme des ägyptischen Journalisten Ahmed Mansour in Berlin sorgt für massive Kritik am Vorgehen der Justiz. Besonders umstritten ist die Frage, ob die Voraussetzungen für eine Festnahme überhaupt gegeben waren. Am Montagnachmittag kam Mansour wieder frei.
von Robert Kiesel · 22. Juni 2015
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Nach der umstrittenen Verhaftung des ägyptischen Journalisten Ahmed Mansour in Deutschland kritisiert Niels Annen, außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, das Vorgehen der Justiz. „Die Justiz muss nun schnell entscheiden und aufklären, wie es zu dieser Verhaftung kommen konnte“, erklärte Annen im Gespräch mit dem Vorwärts. Aus seiner Sicht würden derzeit „nachvollziehbare Gründe“ fehlen, die eine Verhaftung Mansours rechtfertigen könnten. „Ahmed Mansour wird auf gar keinen Fall abgeschoben. Ich erwarte eine baldige Freilassung – sofern nicht neue Erkenntnisse vorgelegt werden“, so Annen am Montag. Ägypten sei darüber hinaus „keine Demokratie und keineswegs ein Rechtsstaat“. Schon deshalb seien Auslieferungsanträge besonders sorgfältig zu prüfen. Wenige Stunden nach dem Gespräch wurde Mansour aus der Haft entlassen. Von einer Auslieferung nach Ägypten wurde abgesehen.

Grundlage für Festnahme umstritten

Der für den Fernsehsender Al-Dschasira arbeitende Mansour war am Samstagnachmittag auf dem Flughafen Berlin Tegel in Berlin festgenommen worden. Von dort aus wollte Mansour, der zuvor ein Interview mit dem Nahost-Experten Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) geführt hatte, nach Katar reisen. Weil gegen Mansour jedoch ein internationaler Haftbefehl wegen Beteiligung an der Folter eines Anwalts vorliegen soll, nahm ihn die deutsche Polizei fest. Der Journalist selbst ließ über seinen Sender erklären, Interpol hätte ihm schriftlich bestätigt, dass ein internationaler Haftbefehl gegen seine Person nicht vorliege. Tatsächlich war am Montag nach der Freilassung Mansours lediglich von einem „ägyptischen Haftbefehl“ die Rede.

Kritik an der zwischenzeitlichen Festnahme Mansours übte auch der Deutsche Journalisten Verband. Der DJV-Vorsitzende Michael Konken meinte, es sei fraglich, ob das Verfahren gegen Mansour in Ägypten nach fairen rechtsstaatlichen Regeln zustande gekommen sei. Zudem müsse Mansour in seiner Heimat die Todesstrafe befürchten. „Schon allein deswegen darf Deutschland den angesehenen Journalisten nicht ausliefern“, erklärt Konken in einem Beitrag des DJV. Die Justizbehörden und die Bundesregierung müssten jetzt schnellstens klären, auf welcher Grundlage Mansour festgenommen wurde, so Konken weiter.

Politisch motivierte Inhaftierung?

Die Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen (ROG) forderte: „Jetzt muss sichergestellt werden, dass es sich nicht um eine politisch motivierte Inhaftierung handelt.“ ROG-Geschäftsführer Christian Mihr sagte in Berlin: „Deutschland darf sich nicht zum Komplizen des ägyptischen Regimes machen. Keinesfalls darf Mansur an Ägypten ausgeliefert werden, schon gar nicht aufgrund dubioser und möglicherweise haltloser Vorwürfe. Die Bundesregierung muss erklären, wie es zu dieser zweifelhaften Entscheidung gekommen ist.“

Autor*in
Robert Kiesel

war bis März 2018 Redakteur des vorwärts.

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