Das von der Bundesregierung beschlossene "Fortentwicklungsgesetz" enthalte zwar viele richtige Maßnahmen, das "Gesetz müsse aber Leitlinie für weitere Schritte sein", heißt es in einer
Erklärung des Deutschen Städtetages (DST), des Deutschen Landkreistages (DLT) und des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB).
Die Verbände kritisieren die steigende Zahl von Bedarfsgemeinschaften seit Einführung von Hartz IV. Ihre Zahl könnte im April erstmals die 4-Millionen-Grenze überschreiten. Problematisch sei
zudem, dass immer mehr Berufstätige Ergänzungsleisten erhalten, weil ihre Erwerbseinkommen nicht ausreichten.
"Fehlanreize" abbauen
Sollte diese Entwicklung anhalten, rechnen die Kommunen in diesem Jahr mit Mehrkosten von 1,7 Milliarden Euro, von denen sie 1,2 Milliarden selbst übernehmen müssten. "Fehlanreize" für den
Bezug des Arbeitslosengeldes und der Unterkunftskosten müssten daher stärker verringert werden, als dies von Bundesregierung vorgesehen ist.
Hartz IV sei an vielen Stellen noch zu großzügig ausgestaltet, "um einen wirklichen Anreiz zur Arbeitsaufnahme zu bieten", sagte der Hauptgeschäftsführer des DLT, Hans-Günter Henneke. So
erlaube das Gesetz jedem Erwerbsfähigen ein Auto zu besitzen. Auch könne der Zuschlag, der für den Übergang von Arbeitslosengeld I auf II gezahlt werde, "sozialverträglich" abgeschmolzen werden.
Schärfere Kontrollen geplant
Die Bundesregierung will den gestiegenen Kosten bei Hartz IV mit insgesamt 53 Neuregelungen begegnen. So müssen Erwerbslose, die in einer Wohngemeinschaft leben, künftig nachweisen, dass sie
keine eheähnliche Gemeinschaft bilden. Die Kontrolle übernehmen Außendienste der Arbeitsagenturen oder der Kommunen. Zudem soll künftig jeder, der sich arbeitslos meldet, ein Sofortangebot
erhalten, welches er annehmen muss. Das kann ein konkretes Jobangebot aber auch eine Fortbildung sein.
Das Gesetz soll zum 1. August in Kraft treten. Die große Koalition will mit den Neuregelungen in diesem Jahr 500 Millionen Euro einsparen, im nächsten Jahr sogar 1,7 Milliarden. Um das
Sparziel zu erreichen, müssten allein 70 000 Haushalte gefunden werden, die zu viel Leistungen beziehen.
Hartz IV nicht schuld an Kostenexplosion
Laut Bundesarbeitsministerium sind die steigenden Ausgaben für Arbeitslose nicht auf die Einführung des Hartz-IV-Gesetzes zurückzuführen. So wären die Kosten ohne die Zusammenlegung von
Arbeitslosen- und Sozialhilfe etwa genauso stark angewachsen, heißt es in einem Bericht des Parlamentarischen Staatssekretärs Gerd Andres (SPD). Schuld sei unter anderem die schlechte Entwicklung
am Arbeitsmarkt. Insgesamt betrugen die Kosten für Hartz IV im letzten Jahr 45 Milliarden Euro.
Karsten Wiedemann
Quellen: die tageszeitung (4.5.2006), Frankfurter Allgemeine Zeitung (4.5.2006), Süddeutsche Zeitung (4.5.2006), Financial Times Deutschland
Gemeinsame Erklärung von DStGB, DLT, DST:
http://www.staedtetag.de
Redakteur bei vorwaerts.de bis September 2009, jetzt Redakteur bei Neue Energie, dem Magazin des Bundesverbands für Windenergie