Inland

Kommunen drohen mit Ausstieg aus Hartz-Arbeitsgemeinschaften

von Stefan Grönebaum · 7. Oktober 2005
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Nach Milliardenforderungen der Bundesregierung drohen nun die Kommunen mit Rückzug aus dem Arbeitsgemeinschaften zur Umsetzung von Hartz IV. Per Kabinettsbeschluss hatte der Bund am Mittwoch seinen Finanzierungsanteil an den Unterkunfts- und Heizungskosten für ALG-II-Empfänger auf 0 gesenkt. Dies bedeutet für die Kommunen Mehrkosten von rd. 3 Milliarden Euro für die Jahre 2006 und 2007. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement erklärt, die Kommunen profitierten von Hartz IV weit mehr als geplant, die zugesagten 2,5 Milliarden Euro Entlastung hätten die Kommunen bereits erhalten. Clement ist aber "auf schwierige Verhandlungen mit den Kommunen eingestellt."

Die Verhandlungen von Bund und Kommunen über die Revision der Finanzierung von Hartz IV beginnen jedenfalls belastet: Wenn Clement seine finanziellen Zusagen nicht einhalte, so Städte- und Gemeindebundspräsident Roland Schäfer (SPD), "können wir die Durchsetzung der Hartz-IV-Reformen nicht mehr sicherstellen." auch der Städtetag lehnt eine Rückzahlung von 3 Milliarden Euro als "völlig unrealistisch" ab. Laut Landkreistag müsste Clement den Bundesanteil nicht von 29,1 Prozent auf 0 absenken, sondern auf 30 Prozent erhöhen, um die Mehrkosten der Kommunen zu decken.

Die kommunalen Spitzenverbände hoffen auf die Länder, von denen bereits einige Ablehnung des Gesetzentwurfs signalisieren. Allein das Land Berin verlöre durch die Streichung des Bundesanteils 340 Millionen Euro, Finanzsenator Sarrazin (SPD) wie Sozialsenatorin Knake-Werner (Die Linke) kritisieren daher beide scharf den Bund. Bund und Kommunen müssen damit rechnen, weiter große Kosten durch Hartz IV zu haben. Münchens OB und Städtetagspräsident Christian Ude (SPD) sprach von einem "schlechten Witz". Holger Schäfer, Arbeitsmarktexperte des Instituts der Deutschen Wirtschaft, sieht kaum Kostenentlastungen für die nächsten zwei, drei Jahre, "wenn nicht das Gesetz verändert wird oder sich die Arbeitsmarktlage drastisch verbessert."

Berliner Morgenpost, Der Tagesspiegel, Berliner Zeitung, Frankfurter Rundschau, Süddeutsche Zeitung, vom 7. Oktober

Autor*in
Stefan Grönebaum

war von 1994 bis 1998 Büroleiter und Persönlicher Referent des SPD-Fraktionsvorsitzenden Rüdiger Fikentscher.

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