Inland

Kommt zurück!

von Yvonne Holl · 6. Juni 2012

Als Gleichstellungsbeauftragte hört Bärbel Miemietz viele Sorgen und Wünsche. An der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) ist sie Ansprechpartnerin für mehr als 7000 Beschäftigte. Die MHH ist Universität, Ausbildungsstätte und Großklinikum in einem. Allein in der Pflege sind rund 2300 Menschen beschäftigt, darunter viele Frauen. Von einem Problem hörte Bärbel Miemietz immer wieder: Die Sorge von Pflegerinnen und Krankenschwestern, wie sie sich nach der Elternzeit wieder eingliedern sollten, ob eine Rückkehr in den alten Job überhaupt machbar sei. „Mir wurde klar: „Wir brauchen eigentlich ein Rückkehr-Management.“

10 Jahre Auszeit von der Pflege

Ein bis drei Jahre dauert die Arbeits-Auszeit von Frauen an der MHH im Durchschnitt. „In der Pflege ist es aber gar nicht so selten, dass Kolleginnen zehn Jahre zu Hause sind“, weiß Miemietz. „Viele sind dann unsicher, ob sie mit den Veränderungen auf der Station klarkommen.“ Denn zwar ändere sich an der Pflege selbst wenig, wohl aber an den Strukturen und der Dokumentation der Arbeit, außerdem bei der verwendeten Soft- und Hardware. 

Rund 70 Frauen kehren jährlich nach der Elternzeit wieder an die Klinik zurück – von rund 200. „Die anderen Kolleginnen scheiden entweder ganz aus dem Betrieb aus oder verlängern ihre Auszeit“, so Miemietz. 

Im Sommer 2010 nahmen die ersten 16 Frauen an dem Projekt „Wiedereinstieg für die Pflege nach der Elternzeit“ teil. Dazu gehörten fachliche Fortbildungen, etwa EDV-Kurse, Auffrischungen in Pflegewissen, Reanimation und Kinästhetik, ein sehr beliebter Kurs, der die Frauen befähigt, körperliche Verrichtungen wie das Heben schwerer Personen leichter zu bewerkstelligen.

Das Ziel: die Frauen stärken 

Ein wichtiger Baustein des Projekts sind aber auch Kurse, die den Frauen helfen sollen, Arbeit und Familie unter einen Hut zu bekommen: Schulungen im Zeit- und Selbstmanagement, Gesprächs- und Konflikthilfen. Und Gespräche in der Gruppe. „Unser Ziel ist es, die Frauen zu stärken“, sagt Miemietz. Sie hat beobachtet: „Sehr viele von Ihnen fühlen sich unsicher, trauen sich wenig zu.“ Paradox, denn: „Das sind hochkompetente Fachkräfte“. 

200 Stunden umfasste das Projekt, inklusive der Möglichkeit, den neuen alten Arbeitsplatz per Hospitation erstmal wieder zu „beschnuppern". Für Kleinkinder organisierte die MHH eine Betreuung, während die Mütter sich wieder fit für ihren Job machten.

Die Rückmeldungen der Teilnehmerinnen waren sehr positiv, eine zweite Gruppe durchlief 2011 das Projekt. „Wer mitgemacht hat, war begeistert, aber es war nicht einfach, Teilnehmerinnen zu finden“, so Miemietz. In jedem Kurs waren noch ein paar Plätze frei. Sie hofft, dass sich die Vorteile der Kurse herumsprechen und weitere potenzielle Rückkehrerinnen motivieren.

Die Projektförderung ist inzwischen ausgelaufen, doch Miemietz möchte weitermachen und das „Rückkehrmanagement“ fest in den Klinikablauf einbinden. „Ich bin überzeugt, dass das eine gute Sache für die Frauen ist.“ Andere Großkliniken haben bereits Interesse angemeldet und lassen sich das Förderkonzept vorstellen. Angesichts des Personalmangels in der Pflege haben auch immer mehr Arbeitgeber ein Interesse daran, Rückkehr-Hilfe zu leisten.


Firmenporträt Medizinische Hochschule Hannover

Geschäftsfeld
Forschung, Lehre,
Krankenversorgung

Firmensitz
Hannover

Gegründet
1965

Beschäftigte
7319 Vollzeit-Stellen insgesamt, davon 1480 Stellen im Pflegedienst
Außerdem 596 Ausbildungsplätze und rund 2900 eingeschriebene Studierende

Krankenversorgung
1442 Betten
370 373 ambulante Behandlungen
54 875 stationäre Behandlungen (alles in 2011)

Autor*in
Yvonne Holl

ist Redakteurin für Politik und Wirtschaft.

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