Inland

Kommt jetzt die Vorratsdatenspeicherung?

Die Bundesregierung soll sich laut Presseberichten auf eine baldige Einführung der Vorratsdatenspeicherung geeinigt haben.
von Christian Rath · 9. März 2015

Will die Bundesregierung die Vorratsdatenspeicherung auch ohne EU-Vorgaben einführen? Eine entsprechende Einigung meldete am Wochenende das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und Justizminister Heiko Maas (SPD) müssten sich nur noch über die Einzelheiten einer deutschen Regelung einigen, hieß es.

Die beteiligten Ministerien wollten diese grundlegende Weichenstellung zunächst weder bestätigen noch dementieren. Erst nach langer Bedenkzeit sagte Maas am Sonntagnachmittag der "Süddeutschen Zeitung", es gebe doch "nichts Neues".

Aussage der EU-Kommission steht noch aus

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte im April 2014 die bisherige Richtlinie für rechtswidrig erklärt. Deshalb führt die EU-Kommission derzeit eine Umfrage unter den EU-Mitgliedsstaaten durch, ob eine neue Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung erwünscht ist.

Erst wenn es eine "belastbare Aussage" der EU-Kommission gebe, "werden wir entscheiden, wie wir damit umgehen", so Justizminister Maas. "Mit Ergebnissen ist in den nächsten Wochen oder Monaten zu rechnen", glaubt Johannes Fechner, der rechtspolitische Sprecher der SPD.

"Nicht vom Koalitionsvertrag gedeckt"

Die CDU/CSU machte in den vergangenen Wochen, insbesondere nach den Anschlägen von Paris und Kopenhagen, verstärkt Druck auf eine baldige Einführung der Vorratsdatenspeicherung. Doch Fechner warnte: "Sollte die Koalition eine Vorratsdatenspeicherung ohne EU-Vorgabe einführen wollen, wäre das nicht vom Koalitionsvertrag gedeckt, dann müsste zumindest der SPD-Parteikonvent im Juni darüber beraten."

Eine erste Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung hatte die EU 2006 beschlossen. Danach mussten die EU-Staaten sicherstellen, dass Telefon- und Internet-Verbindungsdaten mindestens ein halbes Jahr bei den Providern gespeichert werden. In Deutschland wurde die Vorratsspeicherung 2008 eingeführt. 2010 forderte das Bundesverfassungsgericht jedoch ein Gesetz mit mehr Datenschutz. Anschließend blockierte die damalige FDP-Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger eine Wiedereinführung.

EU-Pflicht besteht nicht mehr

Im schwarz-roten Koalitionsvertrag von 2013 heißt es, man werde die EU-Richtlinie umsetzen, um Zwangsgelder zu vermeiden. Dann aber kippte der EuGH im April 2014 die EU-Richtlinie, weil sie zu sehr in die EU-Grundrechte auf Privatheit und Datenschutz eingreife. Seither besteht keine EU-Pflicht mehr, eine Vorratsdatenspeicherung einzuführen.

Ob das EuGH-Urteil überhaupt einen neuen Anlauf erlaubt, ist umstritten. Justizminister Maas hat daran große Zweifel. "Wenn der Europäische Gerichtshof entscheidet, dass etwas nichtig ist, weil es gegen die Grundrechte verstößt, dann kann die Politik nicht hingehen und sagen, interessiert uns nicht", sagte er im Januar im Deutschlandfunk.
 

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Christian Rath

ist rechtspolitischer Korrespondent.

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