Koalitionsvertrag: Was die Ampel in der Entwicklungspolitik plant
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Erhard Eppler, Egon Bahr, Marie Schlei und zuletzt Heidemarie Wieczorek-Zeul – die Tradition sozialdemokratischer Entwicklungsminister*innen ist groß und soll unter der künftigen Ampel-Regierung fortgesetzt werden. Auch wenn die personelle Besetzung noch nicht bekannt ist, klar ist schon jetzt: Nach zwölf Jahren wird das Entwicklungsministerium künftig wieder von der SPD geführt. Grund genug, einen Blick darauf zu werfen, was SPD, Grüne und FDP im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit planen.
Finanzierung
Das seit Jahrzehnten angestrebte Ziel, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) für Entwicklungszusammenarbeit auszugeben, hat Deutschland in der vergangenen Legislaturperiode erstmals erreicht. Diesen Pfad wollen die Ampel-Parteien künftig weiter verfolgen. Im Koalitionsvertrag heißt es dazu: „Wir werden eine ODA-Quote von mindestens 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) einhalten.“ Die ODA-Quote meint dabei den Anteil der Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit. Im Rahmen dessen sollen 0,2 Prozent für die ärmsten Länder des globalen Südens (LDC) ausgegeben werden.
Zugleich betrachten SPD, Grüne und FDP Entwicklungszusammenarbeit und Sicherheitspolitik in finanzieller Hinsicht künftig gemeinsam. „Wir wollen, dass Deutschland im Sinne eines vernetzten und inklusiven Ansatzes langfristig drei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts in internationales Handeln investiert, so seine Diplomatie und seine Entwicklungspolitik stärkt und seine in der NATO eingegangenen Verpflichtungen erfüllt“, steht dazu im Koalitionsvertrag. Grundsätzlich sollen die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit zwischen den zuständigen Ressorts stärker koordiniert werden, um sie wirkungsvoller nutzen zu können.
Klimaschutz
Die Ampel-Parteien planen, die Mittel für die internationale Klimafinanzierung weiter aufwachsen zu lassen. Durch Klima- und Entwicklungspartnerschaften sollen Wissens- und Technologietransfer, der Ausbau Erneuerbarer Energien mit eigenständiger Wertschöpfung und lokalen Nutzungsmöglichkeiten, nachhaltige Infrastruktur und weitere Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen in den Partnerländern gefördert werden. Dazu sollen auch Maßnahmen zum Erhalt der Biodiversität, zur Stärkung der Klimaresilienz, zur Überwindung von Energiearmut und am Verursacherprinzip orientierte Klimarisikoversicherungen gehören.
Außerdem heißt es im Koalitionsvertrag zum Klimaschutz im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit: „Zur Erreichung der Klimaziele werden wir mehr in den Schutz bestehender Wälder und Moore und nachhaltige Aufforstungen investieren. Wir verstärken hierzu insbesondere unsere Ansätze zur Förderung der privatwirtschaftlichen und kleinbäuerlichen nachhaltigen Forstwirtschaft. Wir werden die Partnerländer bei ihrer stark ansteigenden Urbanisierung dabei unterstützen, diesen Prozess ressourcenschonend und klimasensibel zu gestalten und zu administrieren.“
Globale Gesundheit
Angesichts der derzeit grassierenden Corona-Pandemie bekommt auch der Bereich globale Gesundheit im Kapitel zur Entwicklungszusammenarbeit besondere Aufmerksamkeit. Die künftige Ampel-Koalition beabsichtigt, die globale Gesundheitsarchitektur zu stärken. Dafür soll die Weltgesundheitsorganisation (WHO) reformiert und gestärkt werden. „Wir werden die Wasser-, Sanitär- und Hygieneversorgung (WASH) ausbauen, die globale Impfallianz ausreichend ausstatten und die Bekämpfung von armutsassoziierten und vernachlässigten Tropenkrankheiten intensivieren“, heißt es außerdem im Koalitionsvertrag.
SPD, Grüne und FDP beabsichtigen, die globale COVID-19-Impfkampagne COVAX finanziell zu stärken sowie durch schnelle Lieferung von Impfstoffen. „Wir unterstützen freiwillige Produktionspartnerschaften und den Transfer von Know-how, um die Produktionskapazitäten für Medikamente und Impfstoffe weltweit auszubauen. In diesem Sinne bringen wir uns konstruktiv in die internationalen Debatten um eine gerechte Impfstoffversorgung ein“, planen die künftigen Regierungsparteien zudem.
Bildung
Die Ampel-Parteien wollen ihr Engagement für Grundbildung, duale Ausbildung sowie Fort- und Weiterbildungsangebote sowie die entwicklungspolitische Bildungsarbeit der Zivilgesellschaft stärken. „Wir wollen durch digitale Technologien einen chancengleichen und freien Zugang zu Informationen und Teilhabe ermöglichen und diese insbesondere in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Klima- sowie Ressourcenschutz einsetzen. Mit dem Ziel des gegenseitigen Lernens fördern wir den Austausch und Kooperationen zwischen innovativen Akteuren wie Start-ups in Industrie- und Entwicklungsländern“, heißt es außerdem dazu im Koalitionsvertrag.
Stärkung der Zivilgesellschaft
Die Förderung der Zivilgesellschaft soll ebenso gestärkt werden wie die Rolle von Gewerkschaften, politischen und privaten Stiftungen und Kirchen, insbesondere in fragilen Kontexten. Finanzielle Unterstützungsleistungen für regierungsnahe Akteure sollen an bestimmte Bedingungen geknüpft werden. Dazu zählen: Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechten, die Erweiterung von Freiräumen für zivilgesellschaftliche Akteure und für die Presse sowie die Bekämpfung von Korruption.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo