Inland

Koalitionsvertrag angenommen: So warb Olaf Scholz für die Ampel

SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz warb am Samstag im Willy-Brandt-Haus um Zustimmung für den Koalitionsvertrag. Zwischen Fortschritt und Verantwortung, Corona und Klimawandel sieht er deutliche Schnittmengen zwischen SPD, Grünen und FDP.
von Benedikt Dittrich · 4. Dezember 2021
Wirbt auf dem außerordentlichen Parteitag energisch für den Koalitionsvertrag: Olaf Scholz.
Wirbt auf dem außerordentlichen Parteitag energisch für den Koalitionsvertrag: Olaf Scholz.

„Olaf, das ist deine Bühne“, mit diesen Worten überlässt die Parteivorsitzende Saskia Esken dem die Bühne, der kurz davor steht, der nächste Kanzler der Bundesrepublik Deutschland zu werden. Damit das gelingt, musste am Samstag zunächst aber die eigene Partei dem ausgearbeiteten Koalitionsvertrag stimmen. Und darum warb Olaf Scholz bei den Delegierten vehement, mit viel Gestik, Euphorie – und einen kleinen Bisschen sozialdemokratischem Pathos.

Dabei haben SPD, Grüne und FDP bereits jetzt Verantwortung übernommen, erinnerte Scholz zu Beginn seiner Rede – noch bevor die Ampel überhaupt die Regierungsverantwortung übernommen hat. Der entschlossene Kampf gegen die Corona-Pandemie, daran lässt Olaf Scholz keinen Zweifel, gehört zu den dringlichsten Problemen der Gegenwart. „Wir müssen mit entschiedenen Maßnahmen die vierte Welle brechen!“, ruft er im Erdgeschoss des Willy-Brandt-Hauses. Sein Ziel: viele Millionen Impfungen ermöglichen, und zwar jetzt, im Dezember. Darum sei unter anderem schon jetzt der Krisenstab gegründet worden. „Wir müssen die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger schützen“, erinnert Scholz an die gemeinsame Verantwortung der Politik.

Im Anschluss kommt der designierte Bundeskanzler allerdings schnell auf die Herausforderungen in der Zukunft – und erinnert an den Fortschritts-Anspruch der SPD. „Wir sind immer eine Partei des Fortschritts gewesen“, so Scholz und ergänzt: Das teile die SPD auch mit den Grünen und der FDP. „Das verbindet uns.“

Scholz wirbt darum, Fortschritt zu wagen

Allerdings: Fortschritt geschehe nicht von allein, sondern müsse gemacht werden. Fortschritt müsse man wagen, erklärt Scholz. „Es gibt auch Änderungen vor denen sich manche zu recht fürchten“, sagt er. Trotzdem wirbt er für das Wagnis, um zu zeigen, was gut ist.

Dabei entwirft Scholz auch eine Perspektive, die über die kommenden vier Jahre hinausreicht: „Diese Regierung tritt an, um wiedergewählt zu werden“, sagt er und wirbt für eine langfristige Politik mit weitreichenden Entscheidungen. Er erklärt auch warum: „Manche Dinge dauern ganz schön lange. Und trotzdem muss man damit anfangen, damit etwas besser wird.“ Dabei solle niemand in Fatalismus verfallen, „sonst wird das nichts mit dem Fortschritt!“

Globale Verantwortung im Kampf gegen den Klimawandel

Wie groß die deutsche Verantwortung auch für die ganze Welt sei, darauf kommt Scholz im Kampf gegen den menschengemachten Klimawandel zu sprechen. „Das ist wirklich eine große Aufgabe“, erklärt er mit ernster Miene den Genoss*innen: „Wir in Deutschland haben eine große Verantwortung, dass das gelingt.“ Als eines der erfolgreichsten Industrieländer müsse man hierzulande die Technologien entwickeln und anderen Ländern zeigen, wie es gehen kann. „Das ist unser Beitrag, den wir uns vorgenommen haben.“ Deswegen predige man auch keinen Verzicht, sondern setze auf Innovation, Wissenschaft und ein dynamisches Unternehmertum, sagt Scholz mit Verweis auf den ausgearbeiteten Koalitionsvertrag. „Wir zeigen auf, wie es anders geht.“

Trotz dieser Punkte seien aber auch die Kernthemen der Sozialdemokratie im Vertrag nicht untergegangen, wie Scholz im Schlusskapitel seiner Rede erklärt. „Vieles, was wir auf Wahlplakate geschrieben haben, findet sich im Koalitionsvertrag wieder“, sagt er und nennt stabile Renten, die Kindergrundsicherung, das neue Bürgergeld und den sozialen Wohnungsbau als Stichpunkte. „Es ist ziemlich wichtig, wer regiert“, entgegnet er den Skeptiker*innen in der Bundesrepublik, die glaubten, es sei egal, welche Partei den Kanzler stellt. Deswegen bittet er die Deligierten am Samstagmittag im Willy-Brandt-Haus: „Stimmt dem Koalitionsvertrag zu. Lasst uns mehr Fortschritt wagen.“ Als er noch ein „Danke“ ergänzt, brandet bereits Applaus auf. Die in der Parteizentrale anwesenden Delegierten erheben sich, minutenlang wird geklatscht, während Olaf Scholz winkt, leicht grinst.

Abstimmung erfolgreich

Nach der Aussprache mit zahlreichen Wortmeldungen stimmen die Delegierten schließlich mit einem deutlichen Ergebnis für das Ampel-Bündnis. Der Koalitionsvertrag wird mit einer Mehrheit von 98,8 Prozent angenommen. „Und nun machen wir uns an die Arbeit“, sagt nach den ersten Glückwünschen ein breit grinsender Olaf Scholz.

Damit macht der außerordentliche Parteitag der SPD den Weg für eine neue, SPD-geführte Regierungskoalition frei. Wie bedeutsam dieser Moment für Olaf Scholz ist, hatte er schon zu Beginn seiner Rede beschrieben. Er erinnerte an die erste sozialdemokratische Regierung ab 1969 unter Willy Brandt, später Helmut Schmidt – und schließlich die rot-grüne Koalition unter Gerhard Schröder, bei der Scholz selbst erstmals in den Bundestag gewählt worden war. „Auch das war ein Aufbruch“, erinnerte er „und das soll uns wieder gelingen!“

Damit das gelingt, sind nun allerdings die anderen Parteien am Steuer: Die FDP muss dem Vertrag ebenso wie die Grünen noch zustimmen.

Autor*in
Benedikt Dittrich

war von 2019 bis Oktober 2022 Redakteur des „vorwärts“.

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