Inland

Koalitionsgipfel: Sechs Milliarden Euro zusätzlich für Flüchtlinge

Die steigende Zahl von Flüchtlingen zwingt die Politik zum Handeln. Union und SPD haben sich auf mehrere Punkte geeinigt. Unterdessen trüben neue Brände in Asyleinrichtungen das Bild eines gastfreundlichen Deutschlands.
von Robert Kiesel · 7. September 2015
Flüchtlinge in Berlin
Flüchtlinge in Berlin

Nach einer Sondersitzung am Sonntagabend hat sich der Koalitionsausschuss der Bundesregierung auf Maßnahmen zur Bewältigung der steigenden Flüchtlingszahlen geeinigt. Auf einer Pressekonferenz am Montag sprachen sowohl Angela Merkel als auch SPD-Chef Sigmar Gabriel von einer „guten Lösung“. Gabriel nannte die aktuelle Situation die „größte Herausforderung für unser Land seit der Wiedervereinigung“. Diese „nationale Aufgabe“ müsse mit „Zuversicht und Realismus“ angegangen werden.

Flüchtlinge: Koalition einigt sich auf Maßnahmepaket

Konkret einigten sich CDU/CSU und die SPD auf folgende Punkte:

  • Im kommenden Haushaltsjahr werden sechs Milliarden Euro zusätzlich für die Versorgung von Flüchtlingen eingestellt. Drei Milliarden Euro stellt der Bund Ländern und Kommunen zur Verfügung, die andere Hälfte des Geldes investiert er selbst.
  • Zur Schaffung winterfester Unterkünfte für die Asylbewerber stellt der Bund ab sofort auch bundeseigene Liegenschaften zur Verfügung. Insgesamt sollen 150 000 zusätzliche Plätze geschaffen werden. Die Kosten für die Instandsetzung der Bundes-Immobilien trägt der Bund.
  • Um den organisatorischen Aufwand abzufedern, werden bei der Bundespolizei bis zu 3000 zusätzliche Stellen in den kommenden drei Jahren geschaffen. Außerdem werden 10 000 zusätzliche Stellen des Bundesfreiwilligendienstes finanziert. Darüber hinaus sollen beim für die Bearbeitung der Asylanträge zuständigen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge möglichst unbürokratisch neue Stellen geschaffen werden.
  • Nach Bosnien und Herzegowina, Mazedonien und Serbien sollen nun auch der Kosovo, Montenegro und Albanien zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden – vorbehaltlich der Zustimmung des Bundesrats. Damit soll die Abschiebung von Asylbewerbern aus den sogenannten Balkan-Staaten erleichtert werden.
  • Auf Initiative von Arbeitsministerin Andrea Nahles wird Einwohnern der Balkan-Staaten eine legale Einwanderung ermöglicht. Können sie einen Ausbildungs- oder Arbeitsvertrag mit tarifvertraglichen Bedingungen vorweisen, dürfen sie einreisen und in Deutschland lernen oder arbeiten.
  • In den Erstaufnahmeeinrichtungen für neu in Deutschland angekommene Flüchtlinge soll künftig weitestgehend auf die Auszahlung von Bargeld verzichtet werden. Stattdessen sollen Gutscheine oder Sachleitungen ausgegeben werden. Bundeskanzlerin Merkel bezeichnete diesen Schritt als Maßnahme, um „Fehlanreize“ abzusenken.

Willkommen in Deutschland? Licht und Schatten

Merkel wie auch Gabriel lobten die große Hilfsbereitschaft, mit der am vergangenen Wochenende Tausende Flüchtlinge in Deutschland empfangen wurden. „Deutschland zeigt ein Bild, auf das es stolz sein kann“, so Gabriel. Er erinnerte daran, dass sich Deutschland seine Vorreiterrolle bei der Aufnahme von Flüchtlingen aufgrund der wirtschaftlichen Stärke und soliden Finanzen leisten kann. „Auf Dauer kann sich das aber nicht jedes Jahr wiederholen“, mahnte Gabriel und fügte an: „Es wird Konflikte geben, denen müssen wir uns stellen.“

Tatsächlich gab es nach einem Wochenende großer Hilfsbereitschaft auch finstere Nachrichten aus Deutschland. So meldeten die Agenturen am Montagmorgen gleich zwei Brände in bereits bestehenden oder noch geplanten Flüchtlingsunterkünften. In Baden-Württemberg und Thüringen musste die Feuerwehr ausrücken. Es gab Verletzte, vier Menschen mussten ins Krankenhaus eingeliefert werden.

Maaßen warnt vor Rechtsterrorismus

Ob es sich bei den beiden Fällen um politisch motivierte Brandstiftungen handelt, wird aktuell noch untersucht. Angesichts der sich häufenden Zahlen rechtsextrem motivierter Brandanschläge hatte der Präsident des Verfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen, vor dem Aufkommen eines neuen Rechtsterrorismus in Deutschland gewarnt.

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Robert Kiesel

war bis März 2018 Redakteur des vorwärts.

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