Koalition beschließt bezahlte Pflegezeit ab 2015
Ab 2015 sollen Arbeitnehmer, die sich privat um pflegebedürftige Familienmitglieder kümmern, von dem neuen Gesetz profitieren. Zwar besteht bereits die Möglichkeit einer zehntägigen Pause vom Beruf für Angehörige, die sich um akute Pflegefälle in der Familie kümmern müssen, neu am Gesetz ist allerdings der Anspruch auf Lohnersatzzahlungen von bis zu 90 Prozent des Nettogehaltes. Diese Regelung gab es bisher nur für Eltern, welche sich um ihre kranken Kinder kümmern mussten.
Familienministerin Manuela Schwesig hob hervor: „Immer mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erfahren die Doppelbelastung von Beruf und Pflege. Ich möchte jene, die sich um ihre pflegebedürftigen nahen Angehörigen kümmern, besser unterstützen. Denn die Pflege von älteren Menschen wird oft noch nicht hinreichend berücksichtigt, wenn wir von Vereinbarkeit von Familie und Beruf sprechen.“
Private Pflege mit Kündigungsschutz
Außerdem werden Betroffene einen verbindlichen Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit von bis zu zwei Jahren bekommen. Das war bisher lediglich ein unverbindliches Angebot der Politik, welches Arbeitgeber ignorieren konnten. Bei längerer Pflege können Angehörige ab 2015 ein halbes Jahr teilweise oder komplett aus dem Beruf aussteigen, um ihre Familienangehörigen zu Hause zu betreuen. In dieser Zeit gilt ein umfassender Kündigungsschutz, außerdem besteht die Möglichkeit, ein zinsloses Darlehen zur Unterhaltssicherung in Anspruch zu nehmen. Darüber hinaus kann die Pflegezeit auf bis zu zwei Jahre verlängert werden. In diesem Fall können Arbeitnehmer ihren Beruf in Teilzeit mit einer maximalen Arbeitszeit von 15 Stunden pro Woche weiter ausüben.
„Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben den berechtigten Anspruch, Privatleben und Arbeit in Einklang zu bringen“, betont Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles. „Wir können es uns vor dem Hintergrund zunehmender Fachkräfte-Engpässe nicht leisten, dass diese Menschen vom Arbeitsmarkt abgehängt werden.“
Die Linke fordert mehr Geld von Versicherungen statt Verschuldung
Kritik an dem Vorhaben kam hingegen aus der Opposition. Sie kritisiert vor allem die kurze Dauer der Lohnfortzahlung von zehn Tagen und das Darlehen, durch welches die Menschen sich unnötig verschulden müssten. Statt des Darlehens wäre laut Linkspartei eine Verbesserung der Pflegeversicherungsleistung vonnöten.
In Deutschland leben heute rund 2,63 Millionen pflegebedürftige Menschen, von denen 1,85 Millionen ambulant betreut werden. Zwei Drittel der ambulant Versorgten werden dabei ausschließlich von Familienangehörigen gepflegt. Die große Koalition rechnet mit Kosten in Höhe von rund 100 Millionen für die neuen Maßnahmen.
studiert Politologie sowie Soziologie an der Universität Potsdam und ist von Oktober bis Dezember 2014 Praktikant beim vorwärts.