Inland

Knochenjob in Orange

von Die Redaktion · 23. April 2011
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Ich bin seit 27 Jahren Müllmann. Erst war ich Beamtenanwärter, aber das Sitzen im Büro hat mir nicht gefallen. Dann habe ich mir den Job bei den Orangenen angesehen und das war's dann. Meine Eltern waren nicht begeistert. Ich war zwar mit 19 der jüngste Vorarbeiter in München, aber in Orange wollte meine Mutter mich nicht sehen.

Früher hieß es ja immer: "Wenn du nichts lernst, dann kommst du zur Müllabfuhr." Das war mir aber egal, weil mir der Beruf Spaß macht.

Die Freiheit gefällt mir

Für mich ist Müllwerker ein Traumberuf. Da bin ich draußen, kann mir die Arbeit selbst einteilen und habe nicht ständig einen Chef hinter mir. Diese Freiheit gefällt mir. Und die Kundschaft schätzt uns sehr. Ich kenne viele schon seit Jahren und bin mit manchen auch befreundet. Normalerweise stehe ich um 4.30 Uhr auf, frühstücke und fahre zum Betriebshof. Dort ziehe ich mich um und treffe die Kollegen. Um 6.30 Uhr beginnt die erste Tour. Um 9.30 Uhr machen wir Frühstückspause, während der Müllwagen zum Leeren fährt.

Pro Tag laufe ich 18 bis 20 Kilometer

Unsere zweite Tour beginnt um 10.15 Uhr. Einer von uns läuft voraus und holt die Mülltonnen auf die Straße, damit wir sie zügig leeren können. Dann räumen wir sie zurück. So laufe ich pro Tag 18 bis 20 Kilometer. Hart ist es im Winter, da müssen wir mit den schweren Tonnen durch Matsch und Schnee. Kälte oder Regen machen uns auch zu schaffen. Besonders schwer sind die Tonnen im Frühjahr, da ist viel Splitt vom Winterdienst drin. Im Sommer ist es am Schönsten - wenn die Biotonnen nicht wären, die riechen extrem. Nach der zweiten Tour geht's zurück zum Betriebshof, gegen 15 Uhr ist Schluss. Überstunden gibt's nicht, nur in Wochen mit einem Feiertag müssen wir die Fünf-Tage-Leistung in vier Tagen erbringen. Da hängen wir jeden Tag zwei Stunden dran.

Die Belastung ist enorm

Früher sind wir mit sechs Mann rausgefahren, heute sind wir zu dritt. Die Belastung ist enorm und nach 27 Jahren spürt man das auch. Da hat man natürlich Sorgen, ob man den Job bis 67 ausüben kann. Aber ich habe keine Alternative, denn ohne Berufsausbildung kannst du nicht wechseln.

Aufgezeichnet von Thomas Horsmann

Müllwerker Fritz Gattinger
47 Jahre, lebt in Bayern
Ausbildung: angelernt
Status: Müllader-Vorarbeiter, Abfallwirtschaftsbetrieb München
Gehalt: Nach Tarif 2200 Euro brutto plus ca. 250 Euro Zulagen Arbeitszeit: 39 Stunden in der Woche laut Tarifvertrag

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