Inland

Klingbeil fordert: Runter vom Sofa für Europa!

In knapp sechs Wochen wählen 400 Millionen Menschen ein neues Europaparlament. Es droht ein Rekordergebnis der Rechtspopulisten. Auch deshalb fordert SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil ein stärkeres Engagement der Vernünftigen.
von Jonas Jordan · 10. April 2019
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil wirbt um eine klare Haltung für Europa.
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil wirbt um eine klare Haltung für Europa.

„Europa.Diskutieren.Schützen.Leben!“ – der Titel einer Diskussionsveranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung knapp sechs Wochen vor der Europawahl klingt gehetzt. Es bleibt nicht mehr viel Zeit bis zum 26. Mai, dem Tag der Europawahl. Etwas mehr als 90 Minuten nehmen sich die Diskutanten um SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil, um zu erörtern, wie die Debatte um die Zukunft Europas gewonnen werden kann.

Grell und laut statt lösungsorientiert

Klingbeil spricht in seinem Impulsvortrag von einer zunehmenden gesellschaftlichen Kluft. Auf der einen Seite stehe eine Generation, die in den vergangenen 20 Jahren sehr viele Veränderungen erlebt habe und teilweise nicht mehr mitkomme. Diese sei anfällig für einfache Parolen á la Gauland oder Trump. Ihr gegenüber stehe eine junge Generation, die in Europa verankert sei, Digitalisierung als Bereicherung empfinde und den Fortschritt begrüße.

Hinzu komme ein verändertes Kommunikationsverhalten, insbesondere in den sozialen Medien. Es gehe in der politischen Debatte inzwischen häufig nur noch darum, besonders grell und laut zu sein, aber nicht darum, eine Lösung zu finden. Diesen Mechanismus hätten sich die Rechtspopulisten im Netz zunutze gemacht. „Die Antwort darauf kann nur eine klare Haltung sein“, macht der SPD-Generalsekretär deutlich. Egal ob es um Klimafragen, Friedenspolitik oder eine gerechte Besteuerung gehe – die Antworten dafür könnten nur gemeinsam auf europäischer Ebene gefunden werden. Klingbeil sagt: „Europa muss der Akteur sein, der eigene friedens- und sicherheitspolitische Antworten gibt. Auf die USA kann man sich nicht mehr verlassen.“

Social Media senkt Hemmschwelle

Es gebe gute Argumente für ein starkes Europa, sagt Klingbeil. Der SPD-Generalsekretär ist überzeugt, „dass die Mehrheit der Menschen in Deutschland gute Demokraten sind“. Die Frage sei, ob sie zur Wahl gingen. Klingbeil sagt: „Die Vernünftigen haben es in der Hand.“ Allerdings dürften sie nicht ängstlich vor denjenigen sein, die Europa kaputt machen wollten. Deswegen appelliert er: „Runter vom Sofa, raus aus der Komfortzone und mobilisieren, wo es geht!“ Denn: „Die, die Europa kaputt machen wollen, müssen wir in die Schranken weisen.“

Jacob Davey vom Londoner Institute for Strategic Dialogue hebt hervor, dass Rechte mit ihren Social-Media-Strategien durchweg erfolgreich sind. „Ängste sind einfacher zu transportieren als Hoffnungen“, sagt Davey. Social Media habe die Hemmschwelle gesenkt, sich an politischen Debatten zu beteiligen, aber auch die, um Rechtspopulist zu werden. Hoffnung machen ihm immerhin die aktuellen Klimaproteste in vielen europäischen Großstädten, weil sie zeigten, dass junge Menschen nicht nur unkritisch im Netz Konsumierende sind.

Den Menschen auf Facebook antworten

Die US-Amerikanerin Adele Stan ist Kolumnistin und Wissenschaftlerin. Sie argumentiert: „Viele Politiker denken immer noch, über Social Media sei nur Kommunikation in eine Richtung möglich. Dadurch sind sie uneffektiv.“ Dabei gebe es eine überraschend hohe Zahl von Menschen, die sich über Antworten via Twitter oder Facebook freuten. Stan beschreibt allerdings auch ein verändertes Nutzerverhalten. Während 2008 Barack Obama noch für seinen Social-Media-Wahlkampf gefeiert wurde, nutzte acht Jahre später vor allem Donald Trump die sozialen Medien erfolgreich für sich. Auch weil von Trump-Anhängern vielfach Fake News über Mitbewerberin Hillary Clinton verbreitet wurden.

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil formuliert entsprechend den Wunsch: „Ich erwarte noch mehr von meiner Partei, dass sie in Social Media aktiv ist. Wir müssen dort kommunizieren und begreifen, dass Kommunikation in beide Richtungen möglich ist.“

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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