Klimaschutz: Fridays for Future fordert, die SPD kontert
Florian Gaertner/photothek.net
Zu wenig, nicht ausreichend, zu unkonkret: „Fridays for Future“ gehen mit der Politik und ihren Plänen gegen den Klimawandel hart ins Gericht. Keine der Parteien in Deutschland würde mit ihren aktuellen Plänen die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius begrenzen können. Deswegen fordern die Schüler*innen mehr, viel mehr. Für die Forderungen gibt es einerseits Unterstützung von der SPD, gleichzeitig pochen die Sozialdemokrat*innen auf die soziale Ausgewogenheit der Klimaschutzmaßnahmen.
Was fordern „Fridays for Future“?
Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen fordern, dass die Vereinbarungen im Pariser Klimaabkommen eingehalten werden. Dort ist festgehalten, dass die Vereinten Nationen die Erderwärmung auf 2 Grad Celsius begrenzen wollen, möglichst sogar auf 1,5 Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Werten. Eine klare Verpflichtung auf das 1,5-Grad-Ziel gibt es allerdings nicht.
Die Demonstrant*innen beklagen, dass die bisherigen Klimaschutzpläne bei weitem nicht ausreichen. Um das zu belegen, haben „Fridays for Future“ das Wuppertal-Institut beauftragt. In einer Studie haben die Forscher errechnet, wie viel Deutschland unternehmen müsste, um seinen Anteil zum Erreichen des 1,5-Grad-Ziels zu erreichen.
Wie soll das 1,5-Grad-Ziel erreicht werden?
Maßgeblich für die Forderungen der Demonstrant*innen ist das Ziel der CO2-Neutralität um die Erderwärmung zu begrenzen „Die deutschen Emissionen müssten insbesondere in den kommenden fünf Jahren, und damit vor allem in der nächsten Legislaturperiode, dramatisch abnehmen“, ist eine der Schlüsselerkenntnisse, die das Wuppertal-Institut daraus ableitet. Daraus ergibt sich das Ziel einer Klimaneutralität bis 2035, wie Manfred Fischedick, Direktor des Wuppertal-Instituts, erklärt: „Ansonsten ist ein adäquater Beitrag Deutschlands für die Erreichung des 1,5-Grad-Ziels tatsächlich nicht zu schaffen.“
Wie unterscheiden sich das von den bisherigen Klimaschutz-Zielen?
Die geforderten Maßnahmen unterscheiden sich an vielen Stellen nicht von dem, was bereits beschlossen wurde. Allerdings wird im Klimaschutzpaket der Bundesregierung bisher ein Minus bei den CO2-Emissionen von 55 Prozent bis 2030 angesetzt, Klimaneutralität soll erst ab 2050 erreicht werden. Entsprechend niedriger sind die Ziele in den einzelnen Bereichen angesetzt. Allein bei der Energieversorgung fordern die Aktivist*innen beispielsweise einen drei Mal höheren Ausbau der Erneuerbaren Energien pro Jahr. Ähnliches gilt auch für die anderen Bereiche wie beispielsweise den CO2-Preis. Die Forderungen von „Fridays for Future“ übersteigen an vielen Stellen die bisherigen vereinbarten Maßnahmen deutlich.
Und wie soll das klappen?
Das ist der Knackpunkt: Die Zielen sind anspruchsvoll, sagt Fischedick, aber erreichbar - wenn Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gemeinsam agierten. Über die Kosten sagen die Autor*innen allerdings nichts.
Ein höherer CO2-Preis, Ausbau von Erneuerbaren und ÖPNV, Transformation der Kohleregionen – all das kostet Geld, trifft die Wirtschaft, gefährdet Arbeitsplätze und würde viele Menschen finanziell stark belasten. Damit gefährdet es auch den Zusammenhalt in Deutschland, wie SPD-Bundestagsfraktionsvize Matthias Miersch warnt: „Es ist mir wichtig, dass wir bei allen Fragen der sozial-ökologischen Transformation immer die soziale Frage mitdenken.“
„Wer Klimaschutz zum Beispiel ausschließlich über den Preis von CO2 voranbringen will, sorgt dafür, dass vor allem Menschen mit wenig Geld ihr Verhalten ändern und Verzicht üben müssen, solange sie keine klimaneutralen und bezahlbaren Alternativen haben“, erklärt Miersch weiter. Sie könnten sich nicht mal eben ein neues Auto oder eine moderne Heizung kaufen. „Die Transformation unserer Wirtschaft und Gesellschaft hin zu mehr Klimaschutz werden wir nur erreichen“, ist Miersch überzeugt, „wenn wir den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken.“ Deswegen gebe es auch kein Schema F das einfach umgesetzt werden könne.
Wie reagiert die SPD auf die Kritik an den bisherigen Klimaschutzplänen?
Dass das bisherige Engagement nicht ausreicht, dem stimmte die SPD zu: Den Schlüssel sieht die Parteispitze vor allem im Ausbau der Erneuerbaren Energien. „Die Studie zeigt eindrucksvoll, warum Klimaschutz zu den größten Herausforderungen der Gegenwart gehört und was der entscheidende Schlüssel zur Lösung ist: der schnelle und maximale Ausbau der Erneuerbaren Energien!“, erklärten die Parteivorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans sowie Fraktionsvize Miersch in einem gemeinsamen Statement. Da der Generationenkonflikt um den richtigen Energieträger in Deutschland zumindest entschieden sei, sei nun die Aufgabe der Politik die Gestaltung des Systems Erneuerbarer Energien, ergänzt Miersch im Gespräch mit dem „vorwärts“: „Dies gilt nicht nur für die nächste Wahlperiode, sondern ganz konkret für die vorliegende Novelle des EEG.“
Darüber hinaus lässt die SPD-Spitze die Kritik aber auch nicht unwidersprochen auf sich sitzen: „Mit dem Klimaschutzgesetz und dem Kohleausstiegsgesetz haben wir Instrumente geschaffen, mit denen wir jederzeit das Tempo anziehen und Ziele verschärfen können.“ Außerdem verweisen Esken Walter-Borjans und Miersch auch auf den Koalitionspartner: „Die CDU/CSU hat eine darüber hinaus gehende, ambitionierte Klimapolitik dagegen stets als Belastung der Wirtschaft gegeißelt.“